Ärztliche Fehler: Offene Fehlerkultur und schnelle Hilfe
Position aus Berlin/Brandenburg
Die Zahl der Patienten, die einen Behandlungsfehler vermuten, steigt. Die Hürden für diese Patienten sind hoch: Nicht selten dauern die Verfahren zehn Jahre oder länger. Eine offene Fehlerkultur kann helfen, falsche Behandlungen künftig zu vermeiden.
Im Jahr 2018 haben sich 576 Berliner und 155 Brandenburger Versicherte an die TK gewandt, weil sie eine fehlerhafte Behandlung vermuteten. Das entspricht einem Anstieg von zwölf Prozent in der Hauptstadt und acht Prozent in der Mark gegenüber dem Jahr davor. Am häufigsten meldeten sich Patienten nach chirurgischen und zahnmedizinischen Eingriffen.
"Systeme zur Vermeidung von Behandlungsfehlern wie CIRSforte sind ein wichtiger Schritt zu größerer Patientensicherheit. Aber auch der offene Umgang mit Fehlern ist notwendig. Nur wer aus Fehlern lernt, kann sie künftig vermeiden und so den Patienten gegebenenfalls großes Leid ersparen. "
Offene Fehlerkultur ist nötig
Patienten, die einen Fehler vermuten, sollten zunächst mit ihrem Arzt sprechen. Nicht jeder Verdachtsfall entpuppt sich tatsächlich als eine falsche Behandlung. Kommt es nicht zu einer Klärung, helfen die Schlichtungsstellen der Landesärztekammern und die gesetzlichen Krankenkassen weiter. Mit dem Wegweiser Behandlungsfehler der TK kann vorab gecheckt werden, ob möglicherweise ein Fehler gemacht wurde. Nützlich ist in jedem Fall ein Gedächtnisprotokoll des Behandlungsablaufs, in welchem die genaue Krankheitsgeschichte dokumentiert wird. Auch wenn es natürlich immer schwer ist, eine mögliche Fehlbehandlung einzugestehen: Einen Fehler zuzugeben bedeutet, ihn künftig vermeiden zu können.
Patientensicherheit in der Arztpraxis
Im April 2018 wurde erstmalig ein Fehlerberichts- und Lernsystem (CIRS - Critical Incident Reporting System) bundesweit in 184 ausgewählten Haus- und Facharztpraxen installiert. Bisher gab es dieses anonyme onlinebasierte Berichtssystem nur für Krankenhäuser. Ziel des Systems CIRSforte ist es, ein praxistaugliches Fehlermanagement zu installieren, um Fehler und "Beinahe-Fehler" zu erfassen und zu analysieren. Damit können Risikobereiche dargestellt und Vermeidungsstrategien erarbeitet werden. Die aktuellen Ergebnisse der Studie zu CIRSforte zeigen: Fehlerberichts- und Lernsysteme sind ein praktikables, alltagstaugliches Instrument für die Umsetzung von Fehlermanagement in der Arztpraxis. Die TK war Konsortialpartner bei diesem Projekt des Innovationsfonds.
Verfahren dauern oft sehr lange
Verfahren zur Feststellung eines möglichen Behandlungsfehlers dauern nicht selten zehn Jahre oder länger. Um den Sachverhalt prüfen zu können, werden medizinische Unterlagen benötigt, die der Patient beschaffen muss. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherungen (MDK) erstellt daraufhin ein medizinisches Gutachten. Sofern die Haftpflichtversicherer ein eigenes Gutachten anfertigen lassen, das dem ersten Gutachten widerspricht, ziehen sich die Verfahren in die Länge. Im Sinne der Patienten sind derart lange Bearbeitungszeiten nicht länger hinnehmbar.
Fonds für Härtefälle
Behandlungsfehler können für die Betroffenen nicht nur gesundheitliche Folgen haben. Wenn die Menschen nicht mehr in der Lage sind zu arbeiten, ist oft auch die finanzielle Existenz bedroht. Hier sollten dringend Möglichkeiten geschaffen werden, solche sozialen Härtefälle abzufedern. Denkbar wäre zum Beispiel ein Fonds für Prozessbetroffene. Solch ein Fonds darf aber nicht dazu führen, dass die Aufklärung in den Hintergrund gerät.