"Eine Runde Gesundheitspolitik": Eine runde Sache
Artikel aus Berlin/Brandenburg
Im kommenden Jahr wird in Brandenburg gewählt. Auf Einladung der Techniker Krankenkasse (TK) diskutierten vier Gesundheitsexpertinnen und -experten der Parteien bei einer Podiumsrunde ihre Pläne für die Gesundheitsversorgung in der Mark.
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Die TK-Landesvertretung Berlin/Brandenburg hatte geladen - und alle waren sie gekommen: Gut 14 Monate vor den Landtagswahlen in Brandenburg diskutierten die gesundheitspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Landtagsfraktion in Potsdam über notwendige Reformen und eine bessere Gesundheitsversorgung im Land.
Der Sitzungssaal im ersten Stock war gut gefüllt: Rund 40 fachkundige Gäste hatten am 27. Juni pünktlich ihren Weg in das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte mitten im Zentrum der Landeshauptstadt gefunden, um die lebhafte Diskussion unter Leitung von TK-Landeschefin Susanne Hertzer zu verfolgen.
Krankenhausreform, Fachkräftemangel in der Pflege, Probleme mit der ambulanten Versorgung auf dem Lande - es mangelte weder an Themen, noch an Meinungen.
Krankenhäuser brauchen Reformen
"Wir haben genug Geld im Gesundheitssystem. Es wird nur falsch genutzt", so Michael Schierack (CDU), selbst praktizierender Orthopäde und Unfallchirurg, "man könnte in vielen Bereichen entstauben." Das System leide an allen Stellen unter viel zu viel Bürokratie.
Es werde in Brandenburg in den kommenden Jahren auch nicht mehr Geld für das Gesundheitssystem geben, stellte Daniel Keller (SPD) mit Hinweis auf die jüngste Steuerschätzung klar. Allerdings seien im Doppelhaushalt 2023/24 rund 110 Millionen Euro für die Krankenhausförderung vorgesehen. Hinzu kämen Millionenhilfen, vor allem für Kliniken und Pflegeinrichtungen, aus dem Brandenburg-Paket und mit dem "Soforthilfeprogramm Green Care and Hospital" gebe es ein zusätzliches Investitionsprogramm, um die Nachhaltigkeit voranzutreiben. "Zum Start des Programms wurden schon 29 Anträge gestellt", gab es Unterstützung von Carla Kniestedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), die lobte: "Brandenburg geht mit dem Green Care and Hospital Programm voran."
Der kluge Umgang mit den begrenzten Finanzen - ein Kernthema der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplanten Krankenhausreform. "Zwei Drittel der Kliniken schreiben rote Zahlen. Wenn wir jetzt nicht helfen, droht eine kalte Strukturbereinigung", warnte Ronny Kretschmer (Linke). Seine Erwartung an die Krankenhausreform sei inzwischen allerdings "deutlich eingetrübt. Sie läuft Gefahr, ein Krankenhaus-Reförmchen zu werden." Klar sei für ihn: "Notfallstrukturen müssen in allen Landesteilen sichergestellt sein."
Man dürfe im Zusammenhang mit der Krankenhausreform nicht nur über Kliniken sprechen, so SPD-Mann Daniel Keller. Um die Gesundheitsversorgung dauerhaft zu sichern, müsse sektorenübergreifend gedacht und auch der ambulante Sektor gestärkt werden. Bei seinem CDU-Kollegen rennt er mit dieser Forderung offene Türen ein. Der ambulante Sektor werde sträflich vernachlässigt, so Michael Schierack. Neben besseren Abrechnungsmöglichkeiten brauche man hier einen "neuen Impuls für mehr am Patienten orientierte Medizin."
Bessere Arbeitsbedingungen gegen Fachkräftemangel in der Pflege
Gute medizinische Versorgung sei jedoch nicht nur eine Frage des Geldes - sondern vor allem auch der Fachkräfte. Und hier werde der Mangel immer bedrohlicher, gab TK-Landeschefin Susanne Hertzer zu bedenken. Die TK hat in einem Positionspapier zur Pflege deshalb verschiedene Vorschläge zusammengefasst, die die Attraktivität von Pflegeberufen steigern könnten.
Auch mehr Digitalisierung kann nach Einschätzung der TK Pflegekräfte entlasten und so zu einer deutlichen Verbesserung für Patientinnen und Patienten sorgen.
Position Digitalisierung Berlin und Brandenburg
Es brauche vor allem bessere Arbeitsbedingungen, ist sich Ronny Kretschmer - selbst ausgebildeter Krankenpfleger - sicher. Für Carla Kniestedt ist auch mehr Selbstständigkeit für die Pflegenden ein entscheidender Punkt: "Pflegekräfte wollen verantwortlich arbeiten dürfen, selbst entscheiden dürfen und vernünftige Schichtpläne haben." Auch müsse deutlich an der Außendarstellung des Berufs gearbeitet werden. "Wir haben ein Bild von Pflege nach außen getragen - da fühlt sich ein 15-Jähriger einfach nicht angesprochen."
Rund 90 Minuten hatten die Gesundheitsexpertinnen und -experten Zeit, ihre unterschiedlichen Antworten auf die großen Fragen der Gesundheitspolitik in Brandenburg zu geben. Dass es hier noch viel zu reden gibt, bewies das kleine Get-Together im Anschluss an die Podiumsdiskussion. Im lockeren Gespräch mit den Gästen aus Klinken, Verbänden und Ministerien, darunter Gesundheitsstaatssekretär Michael Ranft, konnte TK-Landeschefin Susanne Hertzer Vorstellungen von der dringend notwendigen Klinikreform weiter erläutern.
Susanne Hertzer: "Um die Behandlungsqualität für die Menschen im Land zu verbessern und trotz des demografischen Wandels weiterhin eine flächendeckende Gesundheitsversorgung im Land zu garantieren, brauchen wir den Mut zur Veränderung." Dazu zähle unter anderem, Patientinnen und Patienten vor allem dort zu behandeln, wo es die größte Expertise für ihr Krankheitsbild gebe.
Ob alle tatsächlich diesen Mut aufbringen, wird sich in Brandenburg spätestens nach den anstehenden Landtagswahlen zeigen. TK-Landeschefin Susanne Hertzer ist gespannt - und freut sich schon jetzt auf die nächste "Eine Runde Gesundheitspolitik".
Fotoalbum
Für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer und natürlich auch für diejenigen, die nicht dabei sein konnten, haben wir ein Fotoalbum von der Veranstaltung zusammengestellt.