Anrechenbare Vorerkrankungen: Wie Arbeitgeber die Prüfung beantragen
Der gesetzliche Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Erkrankung des Arbeitnehmers ist auf maximal 6 Wochen begrenzt. Ausnahme: Arbeits- oder Tarifverträge können einen längeren Anspruch vorsehen.
Erneuter Anspruch auf Lohnfortzahlung
Ein Arbeitnehmer hat einen erneuten Anspruch auf eine volle sechswöchige Lohnfortzahlung, wenn der Arbeitnehmer vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit mindestens 6 Monate arbeitsfähig war oder seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von 12 Monaten abgelaufen ist.
Vorerkrankungszeiten wegen derselben Erkrankung sind hingegen anzurechnen, wenn es nicht zu einem erneuten sechswöchigen Anspruch auf Lohnfortzahlung kommen kann.
Angerechnet werden können nur Arbeitsunfähigkeitszeiten derselben Krankheit. Dafür müssen Arbeitgeber jedoch die Krankheitsursache kennen - was ihnen in den meisten Fällen nicht möglich ist. Damit sie die gesetzliche Regelung trotzdem anwenden können, haben Arbeitgeber die Möglichkeit, sich zwecks Prüfung an die Krankenkasse zu wenden.
Prüfung im DTA EEL beantragen
Möchte ein Arbeitgeber die Prüfung zur Anrechnung von Vorerkrankungen bei den Krankenkassen in Auftrag geben, nimmt er dies im Datenaustausch Entgeltersatzleistungen (DTA EEL) vor. Dafür übermittelt er neben den grundsätzlichen Identifikationsdaten den Zeitraum der aktuellen Arbeitsunfähigkeit (AU) und der zu prüfenden Vorerkrankungen an die Krankenkasse.
Aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen dürfen Krankenkassen Vorerkrankungsanfragen nur in elektronischer Form beantworten. Für die Anfrage können Arbeitgeber ein dafür zugelassenes Entgeltabrechnungsprogramm oder das SV-Meldeportal nutzen. Nutzen Sie dafür bitte den "ABGABEGRUND = 41". Den "Abgabegrund 41" finden Sie im SV-Meldeportal unter "Formulare - Entgeltbescheinigung - Anforderung Vorerkrankungsmitteilungen".
Eine Anfrage darf jedoch erst nach individueller Prüfung der Notwendigkeit erfolgen. Arbeitgeber können somit Vorerkrankungen nur dann durch die Krankenkassen prüfen lassen, wenn
- der Arbeitnehmer gesetzlich krankenversichert ist,
- die aktuelle und die zu prüfende Erkrankung bescheinigt vorliegen und
- alle Krankheiten zusammen schon mindestens 30 Tage umfassen.
So gehen Krankenkassen bei der Prüfung vor
Um zu entscheiden, ob AU-Zeiten zusammenhängen oder nicht, benötigen die Kassen die Diagnosen. Daher kann eine Prüfung immer erst erfolgen, wenn den Krankenkassen alle AU-Nachweise vorliegen. Ist dies nicht der Fall, fordert die Kasse die Bescheinigungen unter Umständen von den Versicherten oder der Arztpraxis nach. Liegen alle AU-Nachweise vor, prüft die Krankenkasse anhand der Diagnosen, ob die Vorerkrankungen auf dieselbe Grunderkrankung zurückzuführen sind, die der aktuellen AU zugrunde liegen.
Diese Prüfung kann nicht automatisch erfolgen, weil gleiche Diagnosen nicht immer derselben Grunderkrankung zugeordnet werden können. Zum Beispiel können mehrere Depressions-Erkrankungen vorliegen, die auf unterschiedliche Ereignisse zurückzuführen sind und nicht aufeinander angerechnet werden dürfen.
Kann die Krankenkasse den Zusammenhang anhand der Diagnosen nicht zweifelsfrei beurteilen, bindet sie die behandelnden Ärzte oder den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MD) in die Prüfung ein.
Beurteilung der Krankenkasse erfolgt ebenfalls per DTA
Ist die Beurteilung erfolgt, übermittelt die Kasse das Ergebnis im DTA EEL an den Arbeitgeber.
Zu jeder Vorerkrankung enthält der Datensatz die Information, ob der Krankenkasse ein Nachweis für die Vorerkrankung vorliegt oder nicht. Wenn der Nachweis nur teilweise vorliegt, kann der Arbeitgeber dem Datensatz entnehmen, für welchen Zeitraum er vorliegt. Außerdem teilt die Krankenkasse mit, ob der vorliegende und prüfbare AU-Zeitraum anrechenbar, nicht anrechenbar oder nur teilweise anrechenbar ist. Bei wechselnden Diagnosen kann es sein, dass eine Arbeitsunfähigkeit trotz des durchgehenden Zeitraums nur teilweise auf dieselbe Grunderkrankung zurückgeführt werden kann. Ist dies der Fall, übermittelt die Krankenkasse den anrechenbaren Zeitraum.
Auf Basis der Krankenkassen-Rückmeldung können Arbeitgeber dann über die Dauer der Entgeltfortzahlung entscheiden.
Unser Tipp: in unserem Beratungsblatt Entgeltfortzahlung bei Krankheit (PDF, 585 kB) finden Sie zahlreiche Beispiele. Mit dem Entgeltfortzahlungsrechner können Sie die Dauer der Entgeltfortzahlung ermitteln.