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Auch Arbeitslose, Studierende oder Menschen im Ruhestand können an der nichtstofflichen Abhängigkeit erkranken. Bislang konnten sich Medizinerinnen und Mediziner nicht auf allgemeine Diagnosekriterien der Arbeitssucht einigen. Doch laut Fachleuten breitet sich die Erkrankung immer weiter aus: Die Zahl der Selbsthilfegruppen wächst ebenso wie die der speziellen Programme in Reha-Kliniken. Digitalisierung und soziale Beschleunigung können die Entstehung von Arbeitssucht begünstigen. Denn wer zunehmend autonom Zielvorgaben erfüllt und allzeit erreichbar ist, muss sich selbst Grenzen setzen.   

Zahlen und Fakten

Fachleute schätzen, dass 200.000 bis 300.000 Menschen in Deutschland arbeitssüchtig sind. Untersuchungen zeigten, dass 13 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zweier großer deutscher Industrieunternehmen gefährdet sind, eine solche Sucht zu entwickeln. 

Weltweit starben im Jahr 2016 745.000 Menschen, die mehr als 55 Stunden pro Woche arbeiteten, an einem Schlaganfall oder Herzinfarkt. Das belegt eine Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Eine Untersuchung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zeigt: Fast der Hälfte der Beschäftigten (46 Prozent), die mobil im Homeoffice arbeiten, fällt es schwer, nach der Arbeit abzuschalten. Von den nicht mobil Arbeitenden haben 34 Prozent dieses Problem. Dabei ist nicht das Arbeitspensum der Indikator für den Grad einer Abhängigkeit, sondern die Einstellung zur Arbeit.

Leitsymptome

Oft treibt Arbeitssüchtige das Gefühl an, ständig Leistung erbringen zu müssen, um eine Daseinsberechtigung zu haben. Viele flüchten sich vor Selbstzweifeln, Ängsten oder Kummer in ihre Arbeit. Betroffene können den Umfang und die Dauer ihrer Arbeit nicht mehr kontrollieren. Sie nehmen immer mehr Aufgaben an und setzen sich immer knappere Fristen. Dabei müssen sie Aufgaben häufig aufschieben. Der Stress kann bei ihnen zu einem Adrenalinausstoß führen, der euphorisch machen kann. Fachleute vermuten, dass die Betroffenen diesem Gefühlszustand hinterherjagen. 

Die Gedanken und Pläne der Süchtigen kreisen ständig um die Arbeit - unabhängig von äußeren Ereignissen, wie zum Beispiel einer hohen betrieblichen Arbeitsbelastung. Betroffene verspüren einen inneren Druck, stets aktiv zu sein. Oft arbeiten sie heimlich. Ständig versuchen sie, Handlungsabläufe zu optimieren und Zeit zu sparen. Weitere Merkmale der Arbeitssucht sind folgende:

  • Können Arbeitssüchtige nichts tun, sind sie oft gereizt oder niedergeschlagen. Sie haben dann oft Schuldgefühle oder verspüren eine innere Leere. Angstgefühle, Verzweiflung, Schweißausbrüche und sogar Atemnot können auftreten.
  • Betroffene streben stets nach Perfektion - Prioritäten zu setzen, fällt ihnen dabei schwer. 
  • Arbeitsabhängige kontrollieren in übertriebenem Maße eigene und fremde Handlungen.
  • Sie halten an ihrer Arbeitsweise fest - egal, welche negativen sozialen Auswirkungen oder gesundheitlichen Probleme diese nach sich zieht.