Therapie mit der VR-Brille
Interview aus Berlin/Brandenburg
Dank digitaler Technik zurück ins Leben: Prof. Dr. Ingo Schmehl, Direktor der Klinik für Neurologie und Stroke Unit mit Frührehabilitation am BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin, über Funktion und Wirkung der Brain Cloud 1.0.
TK: Herr Prof. Dr. Schmehl, was kann man sich unter der Brain Cloud 1.0 vorstellen?
Prof. Dr. Ingo Schmehl: Die ukb-Brain Cloud 1.0 ist ein spezialisierter digitaler Therapieraum im Unfallkrankenhaus Berlin. Durch ein sorgfältig durchdachtes Konzept zur Raumplanung, was Beleuchtung, Geräuschkulisse, Farbspektrum, Möbelfunktionalität und Gestaltung berücksichtigt, wurde ein ideales Umfeld für die digitale Therapie geschaffen. Die digitale Therapie beinhaltet die Anwendung von VR-Brillen, Spielkonsolen und eine spezifische CE-zugelassene Therapiesoftware.
TK: Für welche Patientinnen und Patienten ist die Brain Cloud besonders hilfreich - und welches Feedback bekommen Sie?
Prof. Dr. Schmehl: In der ukb brain cloud 1.0 behandeln wir Patientinnen und Patienten mit neurologischen Erkrankungen wie zum Beispiel Schädel-Hirn-Trauma, Long Covid oder auch motorisch eingeschränkte Patienten durch Lähmungen, aber auch Patienten mit Verletzungen des Bewegungsapparates.
In Ergänzung zu klassischen Therapien wie Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie oder Neuropsychologie leistet die digitale Therapie durch Gamification einen wichtigen Beitrag zur Leistungsverbesserung. Eintauchen in virtuelle Welten und dabei spielerisch von Level zu Level aufsteigen ist für Patienten aller Altersgruppen hoch motivierend.
Viele vergessen beim Spielen ihre Bewegungseinschränkung und erreichen ungeahnte Leistungen.
Viele vergessen beim Spielen ihre Bewegungseinschränkung und erreichen ungeahnte Leistungen. Die Patienteninnen und Patienten sind fast durchgehend begeistert von der digitalen Therapie und wünschen sich sogar, auch remote von zu Hause weiter spielen zu dürfen.
TK: Welche weiteren digitalen Therapieformen sind in der Entwicklung?
Prof. Dr. Schmehl: Die ukb-Brain Cloud 1.0 beinhaltet den digitalen Therapieraum. Die Variante 2.0 ist in bereits in Planung. Dazu wird mit Tablet-basierter Therapiesoftware im Patientenzimmer weitergeübt.
Die Version 3.0 beinhaltet dann den Übergang vom stationären in den ambulanten Bereich. Mit Smartphone-/ Tablet-basierter Technik erfolgt dann selbstständig die Therapie zu Hause mit auch künftig teletherapeutischer Unterstützung aus dem Therapiezentrum, besonders in den ländlichen Regionen mit Therapeutenmangel.
Die Version 4.0 umfasst die Schulung der unmittelbaren Umgebung der Patienten, etwa Angehörigenschulung und Schulung von externen Therapeuten. Dazu gehört aber auch die Schulung der Verantwortlichen bei den Kostenträgern im Bereich der Deutschen Rentenversicherung, den Krankenkassen und der gesetzlichen Unfallversicherung, des Weiteren die entsprechende Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im IT-Bereich, der Medizintechnik etc. Damit soll eine enge Verzahnung interdisziplinär zwischen Therapie und IT/Medizintechnik erreicht werden.
In enger Kooperation zwischen ukb und der IB Hochschule startet dazu im Oktober 2023 auf dem Campus ukb der Studiengang Digital Health.
In der Version 5.0 ist dann das Konzept Smart Living in der eigenen Wohnung mit digitaler Therapie geplant. Auf dem Campus ukb haben wir neben dem digitalen Therapieraum bereits das Smart-Living- und Health-Center. Auf diese Weise unterstützen digitale Techniken den Alltag der Betroffenen.
Zur Person
Prof. Dr. Ingo Schmehl ist seit 2007 Direktor der Klinik für Neurologie und Stroke Unit mit Frührehabilitation am BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin. Die Klinik betreut das gesamte Spektrum neurologischer Erkrankungen des Gehirns, des Rückenmarkes, der peripheren Nerven und der Muskulatur. Wichtige Schwerpunkte sind die Neurotraumatologie, Digital Health und die Schlaganfallbehandlung. Sie erfolgt in einem überregionalen Schlaganfallzentrum.