Süßhunger: Gehirn neu programmieren
Jeder kennt den "Hype" auf Fettes und Süßes. Forschende am Max-Planck-Institut in Köln konnten jetzt zeigen, wie er entsteht. Lebensmittel mit hohem Fett- und Zuckergehalt beeinflussen unser Gehirn. Bereits tägliche Mini-Snacks reichen aus, um auch an anderen Tagen mehr davon zu wollen. Mit Typ-2-Diabetes können Sie dieses Wissen nutzen, um Ihren Süßhunger gezielt zu stoppen.
Wenn der Magen knurrt, haben wir Hunger und nach dem Essen sind wir satt. Was so einfach klingt, beruht auf komplizierten Mechanismen im Körper. Entstanden ist dieses ausgefeilte "Hunger-System" in Zeiten von Mammut und Co., um uns an Essen zu erinnern und durch regelmäßige Mahlzeiten zu überleben.
Davon unabhängig gibt es den allseits bekannten "Süßhunger", die unbändige Lust auf etwas Süßes, Salziges und Fettiges. Wie kommt es dazu? Warum fällt es so schwer, auf die Sahneschnitte im Café oder auf Chips beim Fernsehen zu verzichten? Forschende am Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung in Köln haben jetzt darauf eine Antwort gefunden, die für Menschen mit Typ-2-Diabetes hilfreich sein kann.
Süß & fett verändert unser zukünftiges Essverhalten - Kölner Stoffwechsel-Studie
Das Forschungsteam am Max-Planck-Institut wollte wissen, warum Menschen mehr essen als ihnen bekommt. In ihrer Studie gaben sie den Teilnehmenden 8 Wochen lang täglich einen Snack mit gleichem Kaloriengehalt, aber in der einen Gruppe enthielt er besonders viel Fett und Zucker. Der Body-Mass-Index lag in beiden Gruppen im Normalbereich.
Ergebnis: Während der Studie legte niemand an Körpergewicht zu (BMI) und auch Stoffwechselmarker wie Glukose und Insulin veränderten sich nicht. Erstaunlicherweise änderte sich aber in der Gruppe mit dem besonders fetthaltigen, süßen Snack die Lust auf genau solche Lebensmittel. Gleichzeitig sank der Appetit auf fettarme, wenig süße, gesunde Lebensmittel.
Fazit: Die Studienresultate sprechen dafür, dass Übergewicht nicht angeboren ist, sondern mit der Zeit durch eine Umprogrammierung des Gehirns auf Süßhunger entsteht, den wir mit Willenskraft regelrecht "beherrschen müssen", um nicht dick zu werden.
Wir sind lernfähig, unser Gehirn auch
Das menschliche Gehirn hat zahlreiche Strategien entwickelt, um den Nachschub an Energie zu sichern. Dazu gehört es, vielversprechende Reize - wie zum Beispiel das Schild einer Bäckerei - als so genannte "Feed-Forward-Hinweise" zu erkennen, die eine Energiequelle in greifbarer Nähe versprechen. Wenn Sie beispielsweise in einer bestimmten Bäckerei immer köstlichen Kuchen kaufen, lernt das Gehirn Sie daran zu erinnern, sobald Sie das Schild sehen. Forschende bezeichnen dies als sensorisches Assoziationslernen, das einen entscheidenden Einfluss darauf hat, was wir essen möchten.
Das Gehirn reagiert umso stärker, je höher die Energiedichte eines Lebensmittels ausfällt. Es registriert "Energiebomben" mit hohem Fett- und Zuckergehalt als Belohnung und will immer mehr davon. Das Gehirn weiß mit der Zeit bereits beim Anblick eines Lebensmittels oder Bäckereischilds, wie hoch und damit begehrenswert die in Aussicht stehende Energiedichte von Essen ist. Genau dieser Mechanismus erklärt unseren "Süßhunger", der den Verzicht auf ungesunde Lebensmittel so schwer macht.
Spannend: Selbst unsere Darmzellen erzeugen ein Signal, wenn sie Fett wahrnehmen, das bis ans Gehirn weitergeleitet wird. Dort aktiviert es ebenfalls belohnende Botenstoffe. Gleiches gilt für die Aufnahme von Zucker, die neuronal zu einer verstärkten Reaktion führt.
Ab und an macht nichts - falsch oder richtig?
Mit Typ-2-Diabetes können Sie Ihren Stoffwechsel durch ein normales Gewicht wieder stabilisieren. Je früher Sie abnehmen, desto weniger Schaden kann ein zu hoher Blutzucker an Nerven und Gefäßen anrichten. Der Verzicht auf Törtchen oder Pommes fällt allerdings vielen Menschen mit Diabetes schwer. Aber selbst die kleinen Ausnahmen machen es nach der Kölner Studie auf Dauer schwer, ohne viel Disziplin schlank zu bleiben. Um das natürliche Bedürfnis nach gesundem Essen wieder neu zu lernen, hilft Ihnen deshalb möglicherweise ein Reset, ein Neustart.
Das bedeutet für Sie: Planen Sie in regelmäßigen Abständen ein Stoffwechsel-Reset ein und verzichten Sie zum Beispiel nach der Weihnachtszeit 8 Wochen lang auf besonders energiedichte Lebensmittel mit viel Fett bzw. Zucker. Dadurch nehmen Sie Ihr Gehirn an die Hand und helfen, den Süßhunger wieder zu verlernen. Führen Sie sich vor Augen, wieviel Lebensqualität und Lebenszeit Sie durch die Entscheidung für gesunde, fett- und zuckerarme Speisen gewinnen.
Tipp: Belohnen Sie sich in dieser Zeit ganz bewusst mit anderen Dingen als Sahne oder Pommes, beispielsweise einer Massage, einer warmen Badewanne oder einem Moment des Nichtstuns. Das Belohnungszentrum Ihres Gehirns wird es sich merken, Ihr Körpergewicht und Stoffwechsel auch.
Wichtig: Link Tipp
Interessante DMP-News gibt es auch zu anderen Diagnosen: