Mit Insulin leben lernen
Wer an Typ-2 Diabetes erkrankt ist, braucht nur in seltenen Fällen direkt nach der Diagnose eine Therapie mit dem blutzuckersenkenden Hormon Insulin. Für die meisten Menschen reicht es zunächst aus, den Blutzucker durch einen gesünderen Lebensstil und orale Medikamente zu senken. Gelingt dies nicht, raten Fachleute so früh wie möglich mit der Insulintherapie zu beginnen. Diese Umstellung fällt anfangs nicht leicht, aber die damit verbundene Unsicherheit lässt sich mit einer Schulung gut auffangen. Die typische Angst vor Spritzen stellt mit etwas Hilfe schon nach kurzer Zeit kein Problem mehr dar.
In Deutschland erhalten jedes Jahr rund 500.000 Menschen die Diagnose Typ-2 Diabetes. Ungefähr die Hälfte kann den Blutzucker durch eine gesündere Ernährung und mehr Bewegung wieder einfangen und im Normbereich stabilisieren. Die andere Hälfte erhält eine Behandlung mit blutzuckersenkenden Medikamenten, die im Laufe der Zeit nicht selten auf eine Insulintherapie umgestellt werden muss. Gerade für ältere Menschen mit Diabetes und ihre Angehörigen ist diese Umstellung nicht nur mit vielen Fragen, sondern auch Sorgen verbunden, die sich aber mit etwas Unterstützung schnell in Luft auflösen lassen.
Wichtig zu wissen: Bei bestimmten akuten und chronischen Erkrankungen kann es vorübergehend nötig sein, mit Insulin zu behandeln. In den meisten Fällen ist allerdings eine dauerhafte Behandlung sinnvoll und erforderlich.
Der richtige Zeitpunkt für Insulin
Nicht selten zögern Betroffene den Start der Insulintherapie hinaus, weil sie sich im Umgang mit Pen und Co. überfordert fühlen. Aber um die Blutzuckerwerte möglichst schnell zu normalisieren und damit Herz und Gefäße zu schützen, sollte nach Ansicht von Fachleuten die Behandlung mit Insulin so früh wie möglich beginnen.
Konkret bedeutet das: Wenn Sie trotz eines gesunden Lebensstils und der Einnahme von oralen Medikamenten Ihren Blutzucker nicht ausreichend senken können, sollten Sie mit Ihrem behandelnden Fachteam über eine Umstellung auf Insulin sprechen. Dazu wird der Langzeitwert für den Blutzucker (HbA1c) kontrolliert. Außerdem messen Sie in Stichproben den Nüchternblutzucker am Morgen und nach einer Mahlzeit. Da der anzustrebende HbA1c-Wert immer individuell festgelegt wird, lässt sich die für alle gültige Grenze nur sehr weit fassen. Meist sollte der Wert zwischen 6,5 und 7,5 Prozent liegen und nicht darüber.
Es gibt keine dummen Fragen!
Aller Anfang ist schwer, das gilt natürlich auch für die Insulintherapie. Sie ist eine Wissenschaft für sich. Seien Sie also nicht zu streng mit sich, sondern holen Sie sich stattdessen so viel Unterstützung, wie Sie persönlich benötigen, um sich wieder sicher zu fühlen. Fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht verstehen und vor allem besuchen Sie eine der zahlreichen Diabetes-Schulungen, die Ihnen im Rahmen des Disease Management Programms zustehen.
Unser Tipp: Damit älteren Menschen mit Diabetes der Start mit einer Insulintherapie gut gelingt, gibt es spezielle so genannte "geriatrische Schulungsprogramme für Diabetes". Im Zentrum dieser Schulungen steht das praktische Erlernen, beispielsweise wie Insulin richtig gespritzt wird oder was zur Vorbeugung von Unterzuckerungen beachten werden sollte.
Achtung Kilos: Möglicherweise nehmen Sie anfangs an Gewicht zu, weil der Körper durch Insulin weniger Zucker über die Niere ausscheidet. Hier hilft es, wenn Sie sich mehr bewegen oder die aufgenommene Kalorienzahl reduzieren. Vielleicht spüren Sie die niedrigeren Blutzuckerwerte aber auch als Heißhunger, den Sie wie gewohnt mit Kohlenhydraten ausgleichen. In diesem Fall ist es ratsam, nicht mehr Kohlenhydrate zu essen, sondern weniger Insulin zu spritzen. Klären Sie diese Symptome bei ihrem nächsten Kontrolltermin ab und besprechen Sie, wie Sie im Fall der Fälle reagieren sollen. Möglicherweise kann es sinnvoll sein, Insulin mit Metformin zu kombinieren. Dadurch benötigen sie weniger Insulin und Sie nehmen nicht so schnell an Gewicht zu.
Basiswissen Insuline: Einfacher als gedacht
Das künstlich hergestellte Insulin senkt den Blutzucker und übernimmt damit die Aufgabe des körpereigenen Insulins. Zugelassen sind momentan über 30 unterschiedliche Insuline, die unterschiedliche Eigenschaften haben und dadurch verschiedene Bedürfnisse abdecken können. Was sich so kompliziert anhört, ist bei genauer Betrachtung einfacher als gedacht. Denn grundsätzlich lassen sich Insuline in 3 Formen unterteilen: Es gibt Insuline, die schnell wirken (kurzwirksames Insulin) oder deren Wirkung verzögert einsetzt (langwirksames Insulin). Zu der dritten Hauptgruppe gehören kombinierte Insuline, die jeweils kurz- und langwirksame Anteile enthalten (Mischinsuline).
Das bedeutet für Sie: Welches Insulin für Sie optimal geeignet ist, hängt u.a. von Ihrem Blutzuckerspiegel ab. Wenn bei Ihnen beispielsweise nur der Nüchternwert morgens erhöht ist, reicht meist ein langsam wirkendes Insulin am Abend aus. Während der Nacht schützt es Sie vor zu hohen Blutzuckerwerten. Zu hohe Werte nach dem Essen sprechen dagegen für ein schnell wirkendes Insulin, das Sie zu den Mahlzeiten spritzen können.