Die meisten Menschen wollen in ihrer gewohnten Umgebung alt werden, dort leben und gepflegt werden. Als zusätzliche Unterstützung im Alltag stehen allen Pflegebedürftigen mit Pflegegrad so genannte Entlastungsleistungen zu. Diese werden jedoch noch immer von vielen Betroffenen zu wenig genutzt.

Woran das liegen kann und welche Verbesserungsvorschläge die Techniker Krankenkasse (TK) hat, erklärt Maren Puttfarcken, Leiterin der TK-Landesvertretung Hamburg, im Interview.

TK: Frau Puttfarcken, was sind Entlastungsleistungen und wie können sie in Anspruch genommen werden? 

Maren Puttfarcken: Entlastungsleistungen stehen automatisch allen Pflegebedürftigen zu, die einen Pflegegrad haben und zu Hause versorgt werden. Sie müssen dazu keinen gesonderten Antrag stellen und können die entsprechenden Quittungen einfach bei der jeweiligen Pflegekasse vorlegen. Welche Leistungen in Anspruch genommen werden können, wird auf Landesebene entschieden. In Hamburg sind das zum Beispiel Betreuungsangebote, Gesprächsgruppen, aber auch Haushaltshilfen. Alle Hamburger Angebote findet man auf der  Website hamburg.de.

Ende 2023 wurden Entlastungsleistungen jedoch nur von etwas mehr als der Hälfte der TK-versicherten Pflegebedürftigen in Hamburg (53 Prozent) in Anspruch genommen. Aus dieser Zahl schließen wir, dass das Angebot noch zu wenig bekannt ist.

Maren Puttfarcken

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Leiterin der TK-Landesvertretung Hamburg

Die monatliche Deckelung des Entlastungsbetrags bringt bürokratische Hürden mit sich. Hier wären flexiblere Regeln sinnvoll! Maren Puttfarcken, Leiterin der TK-Landesvertretung Hamburg

TK: Wie viel Geld steht den Pflegebedürftigen für die Angebote zur Unterstützung im Alltag zu?

Puttfarcken: Monatlich können 131 Euro für die Entlastungsleistungen bei der Pflegekasse abgerechnet werden. Doch die monatliche Deckelung des Budgets bringt bürokratische Hürden mit sich: Wenn Versicherte uns im Januar eine Rechnung über 800 Euro für Entlastungsleistungen einreichen, dürfen wir sie nicht ohne Weiteres erstatten. Kommt die Rechnung dagegen mit dem gleichen Betrag im November, ist es kein Problem - sofern der bis dahin gesammelte Jahresbetrag noch nicht aufgebraucht ist. Das schränkt die Pflegebedürftigen in ihrer Flexibilität ein, weil sie im Verlauf des Jahres weniger individuelle Schwerpunkte setzen können. Es wäre sinnvoller, den monatlichen Entlastungsbetrag in ein flexibles Jahresbudget umzuwandeln. 

TK: Was muss aus Sicht der TK darüber hinaus gemacht werden, um pflegende Angehörige besser zu unterstützen?

Puttfarcken: Mit dem Anstieg der Anzahl an Pflegebedürftigen wachsen auch die Herausforderungen in der Pflege. Deshalb müssen wir gemeinsam dafür sorgen, dass Angebote sichtbarer gemacht werden und für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen keine zusätzlichen Belastungen durch bürokratische Hürden entstehen. Auch die Chancen der Digitalisierung müssen wir noch viel stärker nutzen. Die unabhängige Online-Plattform "Hamburger Pflegekompass" von der Stadt Hamburg liefert bereits einen guten Überblick über die vollstationären Pflegeeinrichtungen der Hansestadt. Aus TK-Sicht wäre es jedoch sinnvoll, noch einen Schritt weiterzugehen und die Pflegeplatzsuche über eine zentrale bundesweite Plattform zu organisieren. Vor allem die Suche nach Kurzzeitpflegeplätzen, die ein wichtiges, entlastendes Angebot für pflegende Angehörige darstellen, gestaltet sich heutzutage oft schwierig. Eine bundesweite Online-Plattform zur Pflegeplatzsuche, in der das Thema Kurzzeitpflege berücksichtigt wird, wäre daher für alle Seiten ein Gewinn.

Hintergrund

Entlastungsleistungen : Nach § 45b SGB XI stehen Pflegebedürftigen in häuslicher Pflege ab Pflegegrad 1 monatlich bis zu 131 Euro zu. Als Entlastungsleistungen lassen sich in Hamburg zum Beispiel Betreuungsangebote, Gesprächsgruppen, aber auch Haushaltshilfen abrechnen. Weitere Infos stehen unter tk.de, Suchbegriff " Angebote zur Unterstützung im Alltag " zur Verfügung. Der Stichtag für die Auswertung der Entlastungsleistungen ist der 31.12.2023.

Um weiterhin eine gute Pflege in Hamburg zu ermöglichen, hat die TK in Hamburg insgesamt neun Ideen entwickelt. Die gesamte Position " Gute Pflege in Hamburg stärken " gibt es online.

Daten zur aktuellen Pflegesituation in Hamburg und bundesweit gibt es beim Statistischen Bundesamt unter destatis.de, Suchbegriff "Pflege".