Versorgung, Digitalisierung und Prävention im Blick
Position aus Bremen
Durch die in den zurückliegenden Jahren verabschiedeten neuen Pflegegesetze und qualitätssichernden Maßnahmen sind bereits heute hohe Mehrkosten im Pflegebereich entstanden. Die kontinuierliche Umsetzung dieser Vorhaben führt zu weiterer finanzieller Belastung der Pflegeversicherung. Monatelang hat die Bundesregierung über eine Pflegereform verhandelt, die aber weit hinter den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag zurückgeblieben ist.
Pflegebedürftige kommen bei ihrer Eigenbeteiligung bereits heute finanziell häufig an die Grenze ihrer Belastbarkeit. Die Beschlüsse des Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetzes (PUEG) helfen zwar den Betroffenen etwas, sind aber noch keine Lösung für eine sichere und nachhaltige Finanzierung. Für das Pflegepersonal und auch für die pflegenden Angehörigen wird der Konflikt durch zu wenig Zeit für die persönliche Zuwendung auch zukünftig immer größer. Die Covid-Pandemie hat die Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals zusätzlich erschwert und weitere Ausgaben in der Pflegeversicherung verursacht.
Im Land Bremen gibt es laut Statistischem Landesamt 42.048 Pflegebedürftige (Stand Dezember 2021), davon fast zwei Drittel Frauen. 5.903 Personen sind in Heimen untergebracht, also in vollstationärer Pflege. Die meisten Pflegebedürftigen - rund 86 Prozent (36.145 Personen) - werden jedoch außerhalb von Heimen versorgt: zu Hause, in teilstationären Angeboten, wie der Tagespflege, oder in Einrichtungen des betreuten Wohnens. Davon erhalten 9.958 Personen Leistungen ambulanter Pflegedienste als Sachleistungen, während 21.209 Pflegebedürftige Geldleistungen, also Pflegegeld, erhalten.
Fünf Vorschläge der TK für die Pflege im Land Bremen
- Attraktivität des Pflegeberufs steigern
- Arbeitsalltag von Pflegekräften erleichtern
- Gesundheitskompetenz und Digitalisierung in der Pflege stärken
- Lückenlose Versorgung durch Transparenz über die Pflegeangebote und -kapazitäten
- Pflegebedürftige finanziell entlasten
Attraktivität des Pflegeberufs steigern
Um Tätigkeiten in der Pflege attraktiver zu gestalten und pflegende Angehörige zu entlasten, braucht es unterschiedliche Ansätze. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag der TK ist die generelle Aufwertung des Pflegeberufs den Menschen in Bremen ein zentrales Anliegen. Dies zeigt die große Zustimmung für eine bessere Bezahlung und attraktive Arbeitszeitmodelle für das Pflegepersonal. Eine große Mehrheit der Befragten erachtet diese Maßnahmen als sehr sinnvoll oder sinnvoll. Auch die Nutzungsmöglichkeit von gesundheitsfördernden Angeboten am Arbeitsplatz und der Einsatz digitaler Technologien werden mehrheitlich als sinnvoll erachtet.
Das Berufsbild Pflege soll gestärkt und junge Menschen sollen für die Pflege begeistert werden. Dafür fordert die TK, den Beruf attraktiver zu gestaltet, neue Organisations- und Arbeitsformen zu erproben und weiterzuentwickeln sowie durch lückenhaftes Wissen entstandene Vorurteile abzubauen. Die Umfragewerte zeigen, dass dabei für die jüngeren Generationen die Digitalisierung eine große Rolle spielt. Durch mehr Imagekampagnen könnte die Tätigkeit auch für Männer attraktiver gestaltet werden, um deren Anteil in der Pflege zu erhöhen.
Bei Auszubildenden, die nicht unter eine Weiterbildungsförderung nach § 82 SGB III fallen, sollte das Land Bremen regelhaft die Schulkosten übernehmen.
Mit dem Gesetz über die Ausbildung in der Pflegefachhilfe hat Bremen einen sektorenübergreifenden Einstieg in den Pflegeberuf geschaffen, welcher durch die einjährige Ausbildungsdauer ebenfalls niedrigschwellig ist. Um jedoch noch mehr Menschen diesen Einstieg zu ermöglichen, fordert die TK das Land Bremen auf, bei Auszubildenden, die nicht unter eine Weiterbildungsförderung nach § 82 SGB III fallen, regelhaft die Schulkosten übernehmen. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass eine Durchlässigkeit gegeben ist und unkomplizierte Möglichkeiten zur Weiterbildung geschaffen werden.
Arbeitsalltag von Pflegekräften erleichtern
Der Umfang der Dokumentation und der Information steigt stetig. Die begrenzten Ressourcen der Pflegekräfte sind daher zu entlasten, damit diese ihrer originären Aufgabe, nämlich der persönlichen Pflege, nachkommen können.
Umfassende digitale Angebote sollen weiterhin vorangetrieben werden, zum Beispiel durch regionale Programme wie die flächendeckende Einführung von digitalen Dokumentationssystemen, besonders im ambulanten Bereich. Gleichzeitig ist eine Förderung der Kommunikationskompetenz auf Seiten der Leistungserbringer nötig. Die TK schlägt daher vor, dass Leistungserbringer eine systematische Aus- und Weiterbildung durchführen. Dazu ist der ständige Austausch mit den Leistungserbringern im Land, der Politik, den Universitäten und Hochschulen, der Wirtschaft und den regionalen Netzwerken, wie dem Integrierten Gesundheitscampus Bremen wichtig.
Lückenlose Versorgung durch Transparenz über die Pflegeangebote und -kapazitäten
Es gibt viele verschiedene Angebote in der Pflege, die Laien oft nicht mehr zuordnen können. Soll es eine ambulante oder stationäre Pflege sein? Ist eher eine Kurzzeit- beziehungsweise Verhinderungspflege oder eine Tagespflege sinnvoll? Wenn eine pflegerische Situation eintritt, ist es wichtig, dass die Betroffenen oder die Angehörigen für diese stark emotional geprägte Entscheidung schnell die richtigen und verlässlichen Informationen erhalten. Zudem besteht auch hier Potenzial administrativer Entlastung für den Pflegebereich, wenn Anrufe oder Anfragen zu freien Plätzen entfallen könnten. Ziel muss es sein, die Information bedarfsgerecht und leicht zugänglich bereitzustellen, Anträge und Anfragen niedrigschwellig und aufwandsarm zu gestalten.
Das Pflege-Portal-Bremen wurde 2022 als Datenbank für die digitale Pflegeplatzsuche im Land Bremen geschaffen. Die Datenbank soll Angehörigen und Pflegebedürftigen die Möglichkeit bieten, einfach und schnell einen freien Langzeit-, Kurzzeit- oder Tagespflegeplatz in der Umgebung zu finden. Aktuell ist die verlässliche Überführung von Kapazitäten jedoch nicht gewährleistet, da keine Verpflichtung zur Meldung besteht. Zudem ist die Plattform unzureichend bekannt. Die TK fordert daher die verpflichtende Übermittlung von freien Kapazitäten an die Behörde und eine bessere Vermarktung des Pflege-Portals, um das Angebot zu einem wirklichen Mehrwert für Pflegebedürftige und deren Angehörige auszubauen. Darüber hinaus kann als Blaupause für eine bedienungsfreundliche Plattform das bestehende Kita-Portal zur Weiterentwicklung des Pflege-Portals dienen. Gerade nach Krankenhausaufenthalten oder plötzlichen Erkrankungen können damit Angehörige sowie soziale Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen bei der Suche nach einer passenden Versorgung deutlich entlastet werden.
Die TK fordert die verpflichtende Übermittlung von freien Kapazitäten an die Behörde und eine bessere Vermarktung des Pflege-Portals.
Pflegebedürftige finanziell entlasten
Um den Aufenthalt in einem stationären Pflegeheim zu finanzieren, müssen Pflegebedürftige in Bremen derzeit eine Eigenbeteiligung von durchschnittlich rund 3.300 Euro im Monat aufwenden. Über 500 Euro davon fließen für Investitionskosten von den Bewohnerinnen und Bewohnern direkt an die Einrichtung. Damit werden zum Beispiel Baumaßnahmen oder technische Anschaffungen finanziert. Aus Sicht der TK könnte das Land die Pflegebedürftigen finanziell entlasten, wenn es sich stärker als bisher an den Investitionskosten der Pflegeheime beteiligen würde.
Mit Blick auf § 9 SGB XI wären die Länder eigentlich dazu verpflichtet, Investitionskosten für die stationäre Altenpflege zu fördern. Allerdings ist die gesetzliche Regelung so unverbindlich formuliert, dass die Länder ihre finanzielle Verantwortung sehr unterschiedlich interpretieren können. Übernähme Bremen seine finanzielle Verantwortung, könnten die Betroffenen schnell und wirksam entlastet werden. Darüber hinaus schlägt die TK vor, die Übernahme der Investitionskosten durch die Bundesländer verbindlich und bundeseinheitlich zu regeln.