„Krankenhausreform kommt - und Unklarheiten bleiben“
Artikel aus Sachsen-Anhalt
Tobias Krull, CDU-Abgeordneter im Landtag von Sachsen-Anhalt, fordert in seinem Gastbeitrag, die größten Unwuchten des KHVVG zu beseitigen.
Nachdem das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) nun auch im Bundesrat die erforderliche Mehrheit bekommen hat, wie zuvor auch im Bundestag, wird es am 1. Januar 2025 in Kraft treten.
Die Zustimmung des Bundesrates - durch eine Mehrheit der Bundesländer - erscheint mir eher auf einer Werbekampagne, gepaart mit der Drohung des Scheiterns der Reform durch den aktuellen Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Lauterbach, als auf 100-prozentiger inhaltlicher Übereinstimmung zu basieren.
Vor nicht allzu langer Zeit hatten alle zuständigen Gesundheitsministerinnen und -minister der Bundesländer ja einstimmig ihren Reformbedarf an dem nun beschlossenen Gesetz formuliert. Umso bemerkenswerter, und auch bedauernswerter, dass es für den Antrag des Freistaat Bayerns zur Anrufung des Vermittlungsausschusses keine Mehrheit im Bundesrat gab. Dass sich unsere Landesregierung diesem angeschlossen hatte, begrüße ich ausdrücklich.
Viel ist bereits dazu geschrieben worden, wie und unter welchen Umständen dieses Gesetzesvorhaben erarbeitet wurde. Man könnte wohl seitenweise darüber schreiben, was hätte besser laufen können. Angefangen bei der Nichtbeteiligung entscheidender Akteure, wie der Krankenhausgesellschaft als Vertreterin der Krankenhäuser oder den Krankenkassen als Kostenträger. Bis hin zur Vorlage von zahlreichen Änderungsanträgen, deren parlamentarische Beratung durch die damaligen regierungstragenden Fraktionen im zuständigen Gesundheitsausschuss des Bundestages verweigert worden ist. Aus Sicht eines Landespolitikers ist es besonders kritisch zu sehen, dass die Bundesländer faktisch nicht an der Erarbeitung dieses Gesetzes beteiligt waren, obwohl ganz klar ist, dass die Krankenhausstrukturplanung in deren Aufgaben- bzw. Kompetenzbereich liegt.
Niemand, der sich schon einmal mit der Thematik beschäftigt hat, wird den Reformbedarf im deutschen Krankenhauswesen ernsthaft infrage stellen. Es geht also nicht um das Ob, sondern um das Wie. Und dieses Wie ist meiner Meinung nach schlecht gelaufen. So wurden die Unterschiede zwischen den "alten" Bundesländern und den "neuen" Bundesländern nicht beachtet. Denn die Krankenhausstruktur in den alten Bundesländern ist eine komplett andere als bei uns.
Nach der friedlichen Revolution hat sich die Krankenhausstruktur in allen ostdeutschen Bundesländern stark verändert. Die Anzahl der Standorte hat sich deutlich verringert. Diesen Prozess müssen die anderen Bundesländer in vielen Fällen noch nachholen. Das Land NRW hat sich bereits vor Jahren auf den Weg gemacht. Und was hier der zuständige Minister Karl-Josef Laumann getan hat, nämlich alle Beteiligten an einen Tisch zu holen, um eine gemeinsame Strategie zu erarbeiten, hätte ich mir auch von der aktuellen Bundesregierung erwartet.
Öffnungsklauseln fehlen
Als Flächenland ist Sachsen-Anhalt ebenfalls vom zweiten zentralen Fehler in diesem Gesetzesvorhaben betroffen. Nämlich, dass die Unterschiede zwischen städtischen Ballungsgebieten und dem ländlichen Raum zu wenig mit beachtet wurden.
Es fehlen außerdem ausreichend Öffnungsklauseln, damit die Bundesländer auf die besondere Bedarfslage vor Ort eingehen könnten.
Eine Existenzfrage für die Krankenhäuser ist deren verlässliche Finanzierung. Die nun neuen Regelungen sind hier nicht ausreichend. So ist die Frage ungeklärt, wie bis zur Etablierung sogenannter Transformationsfonds die Krankenhäuser bei der Umsetzung der Reform finanziell unterstützt werden. Man muss auch die Frage stellen, warum der Bund bei der Finanzierung des Transformationsfonds die Bundesländer und die gesetzlichen Krankenkassen in Verantwortung nimmt. In den Krankenhäusern werden alle Menschen behandelt, egal ob privat oder gesetzlich versichert. Warum werden dann nur die gesetzlichen Krankenkassen beziehungsweise ihre Mitglieder in finanzielle Mitverantwortung genommen?
Die nun geplanten Vorhaltepauschalen sind zwar gut gemeint, werden aber in der Praxis wohl wenig Wirkung entfallen. Gerade weil sie sich an den bisherigen Fallzahlen orientieren und nicht an den tatsächlichen Bedarfen.
Bis zuletzt blieb es bei der fachlichen Kritik, um einen Blindflug bei der Entwicklung der deutschen Krankenhauslandschaft zu verhindern. Denn eine tatsächliche Auswirkungsanalyse der Reform hat der Bund weder vorab vorgelegt noch die Finanzierungsfrage nachhaltig geklärt.
Die kommende Bundesregierung ist dringend aufgefordert, die größten Unwuchten dieser Krankenhausreform durch eine eigene Reform der Reform zu beseitigen.
Durch die Landesgesundheitsministerin Petra Grimm-Benne wurde nun angekündigt, basierend auf dem KHVVG, eine eigene Krankenhausplanung zu erarbeiten. Ein Schritt, den wir als CDU-Landtagsfraktion ausdrücklich unterstützen und auch bereits mehrfach gefordert haben. Anders als im Bund erwarten wir hier, dass alle Beteiligten frühzeitig und umfassend mit eingebunden werden.
Um es einmal ganz klar zu sagen, wir brauchen alle aktuellen Krankenhausstandorte in Sachsen-Anhalt als Orte der medizinischen Versorgung. Wir brauchen gleichzeitig eine Kooperation und Spezialisierung der Krankenhäuser in unserem Land. Und das immer unter der Prämisse, dass die Notfallversorgung in jedem Fall sichergestellt ist und das Patientenwohl im Fokus steht.
Als CDU-Landtagsfraktion werden wir unseren konstruktiven Beitrag leisten.
Zur Person
Tobias Krull ist seit 2016 Mitglied des Landtags von Sachsen-Anhalt. Zu seinen Schwerpunkten zählen dort der Bereich der Sozialpolitik, inklusive Gesundheitswesen und die Kommunen. Der gebürtige Magdeburger ist gelernter Datenverarbeitungskaufmann und Verwaltungsfachwirt. Seit 1999 ist er kommunalpolitisch aktiv, unter anderem als Geschäftsführer einer Stadtratsfraktion. Seit 2010 ist er Kreisvorsitzender der CDU Magdeburg. Zu seinen Ehrenämtern gehören unter anderem Vorstandspositionen in der Landesverkehrswacht, dem Jugendherbergswerk und dem Deutschen Kinderschutzbund.