„Nach der Reform ist vor der Reform“
Artikel aus Sachsen-Anhalt
In einem Gastbeitrag erläutert Petra Grimm-Benne, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt, ihre Haltung zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) und beschreibt, wo sie Optimierungsbedarf sieht.
Das Krankenhauswesen in Sachsen-Anhalt stellt einen zentralen Pfeiler unserer Gesundheitsversorgung. Derzeit versorgen 43 Krankenhäuser verschiedener Fachrichtungen die Bevölkerung im Land flächendeckend. Damit das auch so bleibt, braucht es eine ausreichende Finanzierung sowohl in der Gegenwart als auch in der Zukunft - und zwar ohne weitere Ökonomisierungsbestrebungen. Gleichzeitig ist die regionale Struktur des Landes, mit vielen ländlichen Gebieten, ein entscheidender Faktor, der innovative Ansätze und eine flexible Organisation erfordert, um die Versorgung auch in Zukunft auf hohem Niveau zu gewährleisten. Die Einrichtungen stehen vor großen Herausforderungen: Der zunehmende Fachkräftemangel, der finanzielle Druck und der steigende Bedarf an moderner Technik und Digitalisierung prägen die aktuelle Lage.
Wie in allen ostdeutschen Ländern hat auch in Sachsen-Anhalt nach der Wende eine Strukturanpassung in der stationären Versorgung stattgefunden, so dass es gerade in sehr ländlich geprägten Räumen, also insbesondere im Norden Sachsen-Anhalts, wenig bis keine redundanten Strukturen gibt - Standorte wurden konzentriert und stärker auf Spezialisierung ausgerichtet. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Für uns ist daher klar: Alle vorhandenen Standorte werden für die medizinische Versorgung der Menschen in der Fläche benötigt.
Am Ende geht es immer um die Finanzen und die können weder die Kommunen noch die Länder allein stemmen. Deshalb setzen wir uns seit Jahren dafür ein, dass die Finanzierungsmodalitäten des Bundes im Krankenhauswesen überarbeitet werden. Das Bundesgesundheitsministerium hat kürzlich mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) eine wegweisenden Reformvorschlag vorgelegt, der die Qualität und Effizienz der stationären Gesundheitsversorgung in Deutschland stärken soll. Es sieht unter anderem vor, die Finanzierung der Krankenhäuser zu stabilisieren, Investitionen in Digitalisierung und moderne Infrastruktur zu fördern und die Personalausstattung zu verbessern. Bund und Länder sind sich einig: Es braucht eine Krankenhausreform. Die mit dem Gesetz verfolgten Ziele - eine verbesserte Behandlungsqualität, die Gewährleistung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung, eine effizientere Krankenhausversorgung sowie die Entbürokratisierung - teilen alle Bundesländer. Strittig ist jedoch weiterhin, wie diese Ziele erreicht werden sollen.
Flächendeckende und qualitativ hochwertige Versorgung
Sachsen-Anhalt hat sich in das Gesetzgebungsverfahren intensiv eingebracht und stets betont: Die Sicherstellung einer flächendeckenden und qualitativ hochwertigen stationären Versorgung ist unser oberstes Ziel - und die bestmögliche Behandlungsqualität für alle Patientinnen und Patienten, einschließlich diejenigen im ländlichen Raum.
Am 22. November 2024 wurde der Gesetzentwurf des Bundes in der Länderkammer - dem Bundesrat - beraten. Sachsen-Anhalt hat angesichts der Kritikpunkte dafür gestimmt, einen Vermittlungsausschuss anzurufen, um das Gesetz weiterzuentwickeln. Letztendlich wurde die Krankenhausreform beschlossen, ohne dass ein Vermittlungsausschuss angerufen wurde.
Unsere Kritik an der unbestritten notwendigen, aber unvollkommenen Krankenhausreform besteht fort. Als Länder brauchen wir mehr Rückenwind für die Krankenhausversorgung im ländlichen Raum. Ich setze mich weiter für verbindliche und dauerhafte Ausnahmeregelungen ein, die den Bedarfen unserer Krankenhauslandschaft entsprechen. Es braucht mehr Kooperationen zwischen Krankenhäusern und mehr Konzentration von bestimmten Leistungen auf hochmoderne Standorte, ohne dabei die flächendeckende Grundversorgung aus dem Blick zu verlieren.
Wir werden uns für Nachbesserungen bei der Krankenhausreform einsetzen. Nach der Reform ist vor der Reform.
Zur Person
Petra Grimm-Benne ist seit September 2021 Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt. Bereits in der vorangegangenen Legislaturperiode von 2016 bis 2021 führte die SPD-Politikerin das Haus als Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt. Von 2010 bis 2016 hatte Grimm-Benne das Amt der parlamentarischen Geschäftsführerin der SPD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt inne. Von 2002 bis 2016 war sie Mitglied des Landtages.