Ein Roboter im Klassenzimmer
Artikel aus Rheinland-Pfalz
Mit Hilfe eines sogenannten Avatars können betroffene Kinder, die in der Mainzer Universitätsklinik therapiert werden, virtuell weiter am Schulunterricht teilnehmen.
Die Schule bietet Kindern und Jugendlichen ein soziales Umfeld, in dem sie mit Gleichaltrigen agieren können. Wie wichtig dies ist, wird häufig erst deutlich, wenn ein Schulbesuch aufgrund einer chronischen Erkrankung, einer Langzeiterkrankung wie Krebs oder Depressionen oder aufgrund von wiederkehrenden Behandlungen nicht möglich ist. Zusätzlich zu der gesundheitlichen Belastung kommt dann noch die soziale Isolation, die den jungen Patientinnen und Patienten häufig sehr zu schaffen macht. Das norwegische Startup "No Isolation" hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine Möglichkeit zu finden, diesen Kindern und Jugendlichen die Teilhabe am Unterricht und auch die soziale Interaktion zu ermöglichen. Das Team entwickelte einen Avatar, der an Stelle des Schülers oder der Schülerin "die Schulbank drückt" und über den eine direkte Kommunikation möglich ist.
Kontakt zu Gleichaltrigen fehlt
Der kleine, weiße Roboter wurde zu diesem Zweck von der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen Rheinland-Pfalz e. V. (LAG Selbsthilfe) angeschafft und kommt betroffenen Kindern mit chronischen Erkrankungen wie Mukoviszidose oder Diabetes, die in der Mainzer Universitätsklinik therapiert werden, zugute. Die Techniker Krankenkasse in Rheinland-Pfalz übernimmt im Rahmen der Selbsthilfeförderung die Finanzierung des Avatars sowie der technischen Unterstützung durch den Hersteller für drei Jahre.
Initiiert hatte das Ganze Lehrerin Gundula Weckenmann, die auf der Kinderkrebsstation schon Erfahrung mit dem Gerät sammeln konnte. Sie ist eine vom Bildungsministerium beauftragte und freigestellte Pädagogin für die Universitätsmedizin, die sich um die erkrankten Kinder kümmert und dafür sorgt, dass diese weiterhin unterrichtet werden. "Wenn Schulkinder und Jugendliche langwierig erkranken, leiden sie besonders darunter, dass sie nicht in die Schule gehen können und den Kontakt zu Gleichaltrigen verlieren. Das hat nicht nur großen Einfluss auf die Lernfähigkeit, sondern auch auf die Psyche", sagt Gundula Weckenmann. "Ich freue mich deshalb sehr, dass die LAG Selbsthilfe und die TK es möglich gemacht haben, dass diese Kinder dank des Avatars ein Teil ihrer Schulgemeinschaft bleiben können."
Kleiner Stellvertreter im Klassenzimmer
Der Avatar ist ein kleiner Roboter, der an Stelle des Kindes in der Klasse dabei ist. Das erkrankte Kind kann ihn über ein Tablett oder Smartphone steuern. Mit Hilfe der eingebauten Kamera und des Mikrofons wird der Unterricht per Livestream übertragen. Doch der Avatar kann noch mehr: Er ermöglicht eine direkte Kommunikation mit der Außenwelt. "Da der Avatar um 360 Grad drehbar ist, kann das Kind selbst bestimmen, ob es gerade auf die Tafel schauen möchte oder zu seinen Klassenkameraden. Diese können über den Avatar auch direkt mit ihm sprechen. Fühlt sich das Kind nicht gut, ist müde oder möchte nicht angesprochen werden, kann dies durch verschiedene Gesichtsausdrücke des Roboters signalisiert werden", erläutert Gundula Weckenmann.
Immer auf der Suche nach innovativen Lösungen
"Es war uns ein Herzensanliegen, gemeinsam mit der TK dem Wunsch von Frau Weckenmann nachzukommen, einen Avatar für Kinder anzuschaffen, die an chronischen Erkrankungen leiden", sagt Johannes Schweizer, Geschäftsführer der LAG Selbsthilfe Rheinland-Pfalz. "Wir suchen immer nach innovativen Möglichkeiten, um jungen Patientinnen und Patienten den Umgang mit ihrer Erkrankung zu erleichtern, und dieser kleine Roboter leistet dabei einen großen Beitrag. In der TK haben wir schon viele Jahre einen verlässlichen Partner, wenn es darum geht, im Rahmen der Selbsthilfeförderung neuen Projekten den Weg zu ebnen", so Schweizer.
"Der Avatar ist ein gutes Beispiel, wie digitale Technologie im Krankheitsfall unterstützen kann und ein Stück Normalität zurückbringt", sagt Jörn Simon, Leiter der Landesvertretung der TK in Rheinland-Pfalz. "Als TK sind wir der Digitalisierung generell und somit auch digitalen Hilfsmitteln von Apps über technische Assistenzsysteme bis zur Virtuell-Reality-Brille gegenüber aufgeschlossen. Unser Anliegen ist es, die analoge Versorgung durch eHealth zu unterstützen und wertvoll zu ergänzen."