Sucht in der Partnerschaft: wenn Hilfe schadet
Sucht kostet Kraft - nicht nur den Menschen, der daran erkrankt ist. Als nächste Bezugsperson leiden auch Sie, wenn Ihr Partner suchtkrank ist. Neben die Enttäuschung, wenn er wieder rückfällig wird, tritt oft ein Gefühl von Verzweiflung. Am liebsten würden Sie ihn vor sich selbst schützen. Aber genau hier beginnt ein Teufelskreis.
Wie jeder Mensch wünschen Sie sich eine stabile Partnerschaft und ein harmonisches Familienleben. Doch die Sucht Ihres Partners macht diese Hoffnung oft zunichte. Ihre schönen gemeinsamen Momente und Zukunftspläne verblassen schlagartig, wenn die Sucht wieder die Oberhand gewinnt.
Gemeinsam abhängig
Kennen Sie das? Damit Ihr Partner gar nicht erst wieder rückfällig wird, versuchen Sie ihn vor Stress und unangenehmen Gefühlen zu schützen. Sie übernehmen Aufgaben, die eigentlich seine wären, um ihn so gut wie möglich zu entlasten. Wird er dennoch schwach, fühlen Sie sich schuldig und versuchen seine Sucht vor Ihrem gemeinsamen Umfeld zu verbergen. Ihre eigenen Bedürfnisse stellen Sie hintenan.
Die Sucht Ihres Partners zu lenken und zu kontrollieren, bestimmt Ihr ganzes Denken und Handeln. So geraten Sie in eine ungesunde Co-Abhängigkeit, bei der die Sucht nicht nur das Leben Ihres Partners, sondern auch Ihr eigenes Leben bestimmt.
Konsequenz als erster Schritt
Dass Sie Ihrem Partner helfen möchten, ist absolut verständlich. Leider stärken Sie dadurch paradoxerweise seine Sucht. Denn Ihr Partner erlebt keine Konsequenz für sein Handeln. Im Gegenteil: Je weniger Verantwortung er selbst übernehmen muss, umso mehr Raum bleibt für seine Sucht. Ihre Beziehung gerät in eine Abwärtsspirale, in die der eine den anderen immer weiter hineinzieht.
Indem Sie aufhören, seine Verpflichtungen zu übernehmen und immer dann einzuspringen, wenn ihn die Sucht wieder überwältigt, ziehen Sie eine klare Grenze. Suchen Sie in dem Zuge auch das offene Gespräch mit Ihrem Partner und erklären Sie ihm, was Sie belastet.
Machen Sie ihm aber keine Vorwürfe. Das würde lediglich dazu führen, dass sich Ihr Partner zurückzieht und sich wieder in die Sucht flüchtet. Schützen Sie stattdessen vor allem sich selbst und machen Sie sich klar: Sie können Ihren Partner nicht von seiner Sucht befreien. Der Wille, etwas zu verändern, kann nur von ihm selbst kommen.
Hilfe durch Selbsthilfe
Ob Sie sich in einer Co-abhängigen Partnerschaft befinden, können Sie zunächst über einen kurzen Selbsttest auf den Seiten des Suchthilfeverbands Blaues Kreuz testen. Als Partner eines Suchtkranken benötigen auch Sie Beistand und Entlastung. Scheuen Sie sich also nicht, Hilfe anzunehmen und sich professionellen Rat zu suchen.
Eine erste Anlaufstelle bietet die Sucht- und Drogenhotline. Unter der Telefonnummer 01805 313031 finden auch Angehörige suchtkranker Menschen ein offenes Ohr. Von den Mitarbeitern erhalten Sie wertvolle Tipps sowie Kontaktadressen von Selbsthilfegruppen in Ihrer Nähe. Dort können Sie Ihre Erfahrungen teilen und sich mit anderen Betroffenen austauschen. Auch eine Psychotherapie kann Ihnen helfen, Erlebtes zu verarbeiten und der Situation in Zukunft gestärkt zu begegnen.
Nur wenn Sie auf sich selbst achten, haben Sie ausreichend Kraft, auch anderen zu helfen. Versuchen Sie Schritt für Schritt, sich wieder Ihrem eigenen Leben zu widmen: Was hat Ihnen früher Spaß gemacht? Suchen Sie bewusst Kontakt zu Ihren Mitmenschen, Freunden und Familie.