Mut zu Reformen ist #Chefinsache
Artikel aus Mecklenburg-Vorpommern
In der aktuelle #Chefinsache blickt Manon Austenat-Wied, auf die aktuelle Krankenhausreform und erläutert, welche Maßnahmen in Mecklenburg-Vorpommern begleitend ergriffen werden sollten.
TK: Das Krankenhaustransparenzgesetz hat den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat passiert. Das Gesetz geht somit am 22. März 2024 erneut zur Abstimmung in den Bundesrat. Dort entscheidet sich dann, ob die Länder Einspruch einlegen oder den Empfehlungen des Vermittlungsausschusses folgen. Frau Austenat-Wied, ist diese Entwicklung positiv für Mecklenburg-Vorpommern?
Manon Austenat-Wied: Die Klinikreform ist eines der zentralen politischen Anliegen von Bundesgesundheitsminister Lauterbach. Gleichzeitig ist der Handlungsdruck im stationären Bereich in unserem Bundesland hoch. Denn immer mehr Krankenhäuser im Land signalisieren, dass sie aufgrund falscher Strukturen nicht mehr wirtschaftlich solide haushalten können. Dies zeigt: Eine Krankenhausreform ist unumgänglich und es ist wichtig, dass die vom Bundesgesetzgeber initiierte Qualitätsoffensive zügig voranschreitet. Die vom Vermittlungsausschuss eingeleitete geplante Erhöhung der Landesbasisfallwerte setzt keinen angemessenen Impuls für den strukturellen Wandel im Gesundheitswesen. Viel mehr wird das Geld hier mit der Gießkanne verteilt - auch in überholte Strukturen.
TK: Würden mit dem vereinbarten Kompromiss die wirtschaftlichen Herausforderungen der Häuser im Land bewältigt sein?
Manon Austenat-Wied: Das Krankenhaustransparenzgesetz ist nur ein Schritt auf dem Weg einer umfassenden Reform im stationären Sektor. Dabei ist es wichtig die Herausforderungen im Land nicht immer mit der Reform auf Bundesebene zu vermengen. Natürlich kann die Krankenhausreform auf Bundesebene den Kliniken im Land helfen aber gleichzeitig müssen sie ihre Hausaufgaben eigenständig machen. Kein Bundesland ist dazu gezwungen an einer Krankenhauslandschaft festzuhalten, die nicht zu den Bedarfen der Bevölkerung passt. Hier wünsche ich mir mehr Mut und Schaffenskraft im Land. Es nützt nichts, wenn wir gemeinschaftlich die tollsten Pläne ausarbeiten und diese dann wie eine heilige Schrift im Regal verstaubt. Dies betrifft übrigens nicht nur das Krankenhauswesen, sondern die gesamte Gesundheitsbranche. Wir als Akteurinnen und Akteure der Gesundheitswirtschaft sind gefordert auf eine zukunftsfähige, leistungsstarke und solidarisch finanzierbare Versorgungslandschaft hinzuarbeiten. Dabei ist die Krankenhauslandschaft ein fundamentaler Eckpfeiler. Wir dürfen alte Strukturen nicht durch immer mehr Geld zementieren.
TK: In der stationären Versorgung fehlt also nicht das Geld?
Austenat-Wied: Mir persönlich fehlt der Tatendrang vor Ort. Das Leistungsgeschehen in den Häusern des Landes ist weitestgehend immer noch auf dem Stand von vor der Sars-CoV-2 Pandemie. Dabei hat sich die Leistungsinanspruchnahme der Patientinnen und Patienten fundamental geändert. Eine aktuelle (repräsentative) Umfrage zeigt eindeutig: Qualität und Expertise ist den Menschen im Norden wichtiger, als die unmittelbare Erreichbarkeit der Versorgungseinrichtung. Und nichts anderes soll die Krankenhausreform schaffen. Eine tragfähige Regel- Grund- und Notfallversorgung vor Ort und die Bündelung der spezialisierten medizinischen Expertise an den geeigneten Klinikstandorten. Wenn dieser Prozess vom Land - gemeinsam mit den Partnerinnen und Partnern der Krankenhausplanung - engagiert gestaltet wird, können viele der bestehenden wirtschaftlichen Herausforderungen gelöst werden. Hier braucht es neben dem politischen Willen auch ernsthaftes partizipatives Engagement. Wir stehen für diesen Prozess bereit.
TK: Woher leiten Sie die veränderten Bedarfe der Patientinnen und Patienten ab?
Austenat-Wied: Wir analysieren regelmäßig die Leistungsdaten der Krankenhäuser in Mecklenburg-Vorpommern und können über historische Daten gut nachvollziehen, welche medizinische Leistungen in Anspruch genommen werden. Dabei ist über alle Kassen hinweg ein erheblicher Fallzahlrückgang im stationären Bereich auffällig. Im Klartext bedeutet dies: Es werden Ressourcen wie Fachexpert:innen, Betten und weitere technische Geräte vorgehalten, die nicht mehr in Anspruch genommen werden. Bereits seit 2011 schreibt das Land Mecklenburg-Vorpommern den Krankenhausplan fort und zementiert durch die bloße Festschreibung der Bettenkapazitäten Strukturen, die nicht mehr passgenau sind. Ich setze daher einen starken Impuls: Lassen Sie uns gemeinsam in einen neuen, modernisierten Planungsprozess einsteigen, sodass die anrollende Krankenhausreform die bedarfsnotwendigen Strukturen langfristig trägt.
TK: Vielen Dank für das Interview.