Hamburg, 31. Mai 2024. Etwa jedes sechste Kind in Deutschland ist von wiederkehrenden Bauchschmerzen betroffen. Hilfe bietet jetzt die neue, interaktive Website "Meine Bau(ch)stelle" des Deutschen Kinderschmerzzentrums. Die kostenfrei zugängliche Internetseite bietet erstmals evidenzbasierte und zugleich alters- und zielgruppenspezifisch aufbereitete Gesundheitsinformationen zu dem Krankheitsbild. Sie richtet sich an Grundschulkinder und Jugendliche mit Bauchschmerzen sowie ihre Eltern. Das teilt die Techniker Krankenkasse (TK), die die Entwicklung der Website unterstützt hat, anlässlich des bundesweiten "Aktionstags gegen den Schmerz" (4.6.) mit.  

Mehr Wissen über die Krankheit - bessere Arzt-Patienten-Kommunikation

"Mädchen und Jungen, die sich auf der Website informieren, wissen besser Bescheid über Bauchschmerzen, ihre Entstehung und Hilfen im Akutfall. Eltern, die sich vor dem Praxisbesuch mit den digitalen Inhalten beschäftigt haben, profitieren von einer verbesserten Kommunikation mit dem Arzt oder der Ärztin. Das zeigen erste Zwischenergebnisse der wissenschaftlichen Evaluation," so Christine Vietor vom Versorgungsmanagement der TK. Die Website ist im Rahmen des Forschungsprojekts "Wissen(s)Star" des Kinderschmerzzentrums, weiterer Kinderkliniken und der TK entwickelt worden.

Funktionelle Bauchschmerzen haben keine organische Ursache, tun trotzdem weh  

Bauchschmerzen gehören bei Kindern und Jugendlichen zu den häufigsten Beschwerden. Lassen sich dafür trotz gründlicher Untersuchung keine körperlichen Ursachen finden, spricht die Medizin von funktionellen Bauchschmerzen. Privatdozentin Dr. Julia Wager, Projektleiterin am Deutschen Kinderschmerzzentrum der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln - Universität Witten/Herdecke: "Die Beschwerden ohne erkennbare Ursache können junge Patientinnen und Patienten sowie ihre Familien sehr belasten. Die Schmerzen sind real, sie sind nicht etwa eingebildet oder vorgetäuscht. Zugleich besteht die Gefahr, dass die Beschwerden nicht ernst genommen werden."  

Medikamente nutzlos - Ablenkung, Entspannung und Bewegung helfen

Fachleute gehen davon aus, dass ein Faktor für funktionelle Bauchschmerzen ein verändertes Zusammenspiel von Gehirn und Magen-Darm-Trakt ist. So werde beispielsweise schon eine "normale" Darmbewegung als Schmerz an das Gehirn gemeldet, so Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Wager. Medikamente helfen meist wenig. Erfolgversprechender sind kognitiv-verhaltenstherapeutische Maßnahmen. Dazu gehören bewusstes Entspannen und Ablenken, Ängste abbauen, Sport und Bewegung. Fundiertes Wissen, wie die menschliche Verdauung funktioniert und Bauchschmerzen entstehen können, hilft, das eigene Verhalten anzupassen.

Interaktive Spiele und Videos unterstützen das Lernen  

Die Website fokussiert auf Freude am Lernen. Sie enthält Videos, Infografiken und interaktive Spiele mit Informationen zum Magen-Darm-Bereich, zu Bauchschmerzarten, Auslösern, Ernährung, Unverträglichkeiten und Gegenmaßnahmen bei Beschwerden.  

Abrechnungsdaten bilden einen Teil des Krankheitsgeschehens ab

Christine Vietor von der TK: "Aus wissenschaftlichen Studien wissen wir, dass sehr viele Kinder und Jugendliche von funktionellen Bauchschmerzen betroffen sind. Mit Abrechnungsdaten des Gesundheitssystems können wir allerdings nur einen Ausschnitt des Krankheitsgeschehens erfassen, da es keinen eigenen Diagnoseschlüssel für "Funktionelle Bauchschmerzen" gibt. Wir können nur einzelne Diagnosen mit funktioneller Ursache wie zum Beispiel Reizdarm oder Funktionelle Dyspepsie auswerten." Laut einer aktuellen TK-Auswertung von Abrechnungsdaten lassen sich im Jahr 2022 für jedes 26. bei der TK versicherte Kind im Alter von 6 bis 17 Jahren wiederkehrende Bauchschmerzen nachweisen.

Kooperation von Fachleuten, Betroffenen und Krankenkasse

"Meine Bau(ch)stelle" beruht auf der Zusammenarbeit von Kinder-Gastroenterologinnen und -Gastroenterologen, Schmerzmedizinerinnen und Schmerzmedizinern, Psychologinnen und Psychologen. Entwickelt wurde die Seite gemeinsam mit betroffenen Kindern und Jugendlichen und ihren Familien sowie der Krankenkasse TK. Die Federführung lag bei dem Deutschen Kinderschmerzzentrum in Datteln / Universität Witten-Herdecke. Die TK ist bei dem vom Innovationsfonds geförderten Forschungsprojekt "Wissen(s)Star" Konsortialpartnerin.

Hinweis für die Redaktion

Die Abrechnungsdaten, die die TK herangezogen hat, beziehen sich auf das Kalenderjahr 2022 und sind die neuesten verfügbaren Zahlen. Für 2023 liegen die ambulanten Diagnosedaten noch nicht vollständig vor.