TK: Frau Dr. Windolph-Lübben, wieso ist das Thema Nachhaltigkeit für das Gesundheitswesen - und besonders für uns als Krankenkasse - von Bedeutung? 

Dr. Sarah Elena Windolph-Lübben: Nachhaltigkeit und Klimaschutz gehen uns alle an - schließlich geht es um die Gesundheit des Planeten und eine lebenswerte Zukunft. Und der Gesundheitssektor hat mit rund 5 bis 6 Prozent einen nicht unerheblichen Anteil an den deutschen Treibhausgas-Emissionen. Außerdem hängt Nachhaltigkeit eng mit unserem Kerngeschäft zusammen: Der Klimawandel hat Auswirkungen auf die Gesundheit unserer Versicherten, die für uns als Krankenkasse natürlich im Fokus steht. Schon heute werden wir mit Hitze, neuen Krankheitserregern oder verstärkten Allergien konfrontiert.

Wir möchten hierfür sensibilisieren und unseren Versicherten Möglichkeiten aufzeigen, wie sie ihre Gesundheit und gleichzeitig das Klima schützen können. Hier anzusetzen, aufzuklären und zu handeln, ist aber auch eine Aufgabe des Gesundheitssystems insgesamt. Neben unseren TK-eigenen Bemühungen um Nachhaltigkeit setzen wir daher auf den Dialog und die Zusammenarbeit mit weiteren Akteurinnen und Akteuren im Gesundheitswesen. 

TK: Welchen Herausforderungen müssen wir uns aus auf dem Weg zu einem nachhaltigeren Gesundheitswesen stellen? 

Windolph-Lübben: Das Themenfeld Nachhaltigkeit ist grundsätzlich sehr komplex: Für eine Balance der ökologischen, ökonomischen und sozialen Dimensionen sind verschiedene Expertisen nötig. Nur wenn wir unser Wissen miteinander vernetzen und Ideen gemeinsam weiterentwickeln, können wir wirksame Maßnahmen umsetzen und das System nachhaltig ausrichten - dafür braucht es einen langen Atem. 

Dr. Sarah Elena Windolph-Lübben

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Nachhaltigkeitsmanagerin bei der Techniker Krankenkasse

Für die TK als Körperschaft des öffentlichen Rechts kommt der gesetzliche Rahmen als Herausforderung hinzu: Als gesetzliche Krankenkasse ist es unsere Pflicht, wirtschaftlich zu agieren. Das steht notwendigen Mehrausgaben für Nachhaltigkeit jedoch im Weg. Deswegen fordern wir in der TK von der Bundesregierung, Nachhaltigkeit als ergänzendes Kriterium in das Sozialgesetzbuch aufzunehmen. Dann wären Krankenkassen dazu angehalten, die Beitragsgelder sorgfältig zu verwalten und dabei umweltschonend und sozial zu handeln. 

TK: Was hat die TK bereits selbst verändert? 

Windolph-Lübben: Ein wichtiger und grundlegender Schritt war im letzten Jahr, die Nachhaltigkeitsstrategie der TK aufzusetzen: Darin haben wir unsere Geschäftstätigkeit als gesetzliche Krankenkasse, aber auch unsere Rolle als Partner im Gesundheitswesen betrachtet und daraus strategische Ziele und Handlungsfelder abgeleitet. Aktuell definieren wir daraus folgende konkrete Ziele in unseren einzelnen Geschäftsbereichen und setzen Maßnahmen um.  

Mit der Umstellung auf Ökostrom, verbesserter Gebäudedämmung und Anreizen für nachhaltige Mobilität zahlen wir auf unser Ziel der CO2- bzw. Treibhausgasneutralität bis 2030 ein. Für unsere Lieferantinnen und Lieferanten identifizieren wir sinnvolle Sozial- und Umweltkriterien.

Auf einige Fortschritte können wir also zurückblicken, an manchen Stellen stehen wir noch am Anfang oder mitten in der Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen. 

TK: Wo kann unser Gesundheitssystem auch außerhalb der TK nachhaltiger werden? 

Windolph-Lübben: Viele Bereiche haben Potenzial für mehr Nachhaltigkeit, ein Beispiel sind Arztpraxen. Wir fördern unter anderem das Vorhaben des aQua-Instituts und der Stiftung Praxissiegel e. V. zur Etablierung des Qualitätssiegels Nachhaltige Praxis: Klima, Umwelt, Mensch. Hierbei können sich Arztpraxen mit eLearning-Modulen zur Nachhaltigkeit in der eigenen Praxis und in der Gesundheitsversorgung von Patientinnen und Patienten weiterbilden. Darüber hinaus steckt viel Potenzial im stationären Bereich, einige Kliniken setzen sich schon damit auseinander. Die Digitalisierung bietet in vielen Bereichen eine Chance für eine ressourcenschonende Gesundheitsversorgung.  

Nicht zuletzt kann jede und jeder von uns einen Beitrag leisten: Wir möchten uns daher für klimagerechtes und gesundheitsförderndes Verhalten stark machen, etwa für Radfahren oder eine pflanzenbasierte Ernährung - mit Blick sowohl auf unsere eigenen Mitarbeitenden als auch unsere Versicherten, etwa in Aufklärungs- und Präventionsprojekten. 
Natürlich ist beim Thema Nachhaltigkeit auch die Politik gefragt, Strukturen zu schaffen und Hürden zu nehmen: Daher setzen wir uns zum Beispiel mit den anderen Kassen im Verband der Ersatzkassen für Nachhaltigkeit ein.

Das Qualitätssiegel von TK und dem aQua-Institut für eine nachhaltige Arztpraxis.