Wenn Sie einen Pflege-Antrag gestellt haben, prüft der Medizinische Dienst für uns, wie pflegebedürftig Sie sind: Was fällt Ihnen schwer, wobei brauchen Sie Hilfe und was können Sie allein? Das Ergebnis wird in Punkten gemessen - je pflegebedürftiger Sie sind, desto mehr Punkte gibt es. Daraus ergibt sich Ihr Pflegegrad.
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Grundsätzlich gilt: Ob eine Person pflegebedürftig ist, hängt nicht davon ab, wie schwer sie erkrankt oder behindert ist. Entscheidend ist vielmehr, wie stark die Person in ihrer Selbstständigkeit eingeschränkt ist.
Diese Schritte unternimmt der Medizinische Dienst (MD):
- Die Gutachterinnen und Gutachter untersuchen 6 Lebensbereiche (sogenannte Module), die im täglichen Leben wichtig sind: Mobilität, Orientieren und Sprechen, psychische Gesundheit, Selbstversorgung, Umgang mit Erkrankungen und Therapien sowie Alltagsleben.
- Für jeden Bereich prüfen sie, wie sehr eine Person in ihren Fähigkeiten und/oder in ihrer Selbstständigkeit eingeschränkt ist. Dies bewerten sie mit Punkten, je nachdem wie groß die Einschränkungen sind. Daraus ergibt sich für jedes Modul eine Gesamtpunktzahl.
- Da die Lebensbereiche unterschiedlich wichtig sind, werden die Gesamtpunktzahlen nicht einfach zusammengezählt, sondern zusätzlich gewichtet.
- Am Schluss werden die gewichteten Gesamtpunktzahlen zusammengezählt. Daraus errechnet sich der Pflegegrad.
Der MD prüft sechs Lebensbereiche:
1. Mobilität
Hier geht es darum, wie gut sich die Person fortbewegen und ihre Körperhaltung ändern kann. Kann die Person sich in ihrer Wohnung oder ihrem Haus fortbewegen? Wie sieht es mit Treppensteigen aus oder damit, sich im Bett aufzusetzen oder umzudrehen?
Wenn jemand etwas nicht oder nur mit Hilfe anderer Personen kann - wobei genau braucht die Person Unterstützung?
Gewichtung: 10 Prozent
2. Sich Orientieren und Sprechen (Kognitive und kommunikative Fähigkeiten)
In diesem Bereich prüft der MD, wie sich eine Person örtlich oder zeitlich zurechtfindet. Außerdem geht es darum, ob die Person Entscheidungen für sich treffen, Gespräche führen oder eigene Bedürfnisse mitteilen kann.
Gewichtung: 15 Prozent
3. Psychische Gesundheit (Verhaltensweisen und psychische Problemlagen)
Wie häufig braucht eine Person Hilfe wegen psychischer Probleme? Verhält die Person sich ängstlich oder aggressiv? Wenn etwas zutrifft - wie häufig kommt das vor?
Gewichtung: 15 Prozent
Achtung! Die Bereiche 2 und 3 werden für die Auswertung gemeinsam betrachtet. Der Bereich mit der höheren Punktzahl wird gewertet, der andere nicht.
4. Selbstversorgung
Kann sich eine Person im Alltag selbstständig um sich kümmern? Dabei geht es um Körperpflege, auf die Toilette gehen, Essen und Trinken oder An- und Ausziehen. Falls jemand etwas nicht allein kann: Wobei genau braucht die Person Hilfe?
Gewichtung: 40 Prozent
5. Umgang mit Erkrankungen und Therapien (Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen)
Für diesen Bereich ermittelt der MD, wieviel Unterstützung jemand braucht, um seine Erkrankungen zu behandeln. Wie oft braucht die Person Unterstützung zum Beispiel bei der Medikamentengabe, beim Verbandswechsel oder bei Arztbesuchen?
Gewichtung: 20 Prozent
6. Alltagsleben (und soziale Kontakte)
Wie selbstständig kann eine Person noch ihren Tagesablauf gestalten und planen? Kann sie ihre Kontakte allein pflegen? Falls jemand dies nicht gut allein kann - welche Hilfe braucht die Person dafür und wie häufig?
Gewichtung: 15 Prozent
Übrigens: Die Gutachterinnen und Gutachter fragen auch, wie gut jemand außer Haus unterwegs ist (zum Beispiel mit öffentlichen Verkehrsmitteln) oder allein den Haushalt führen kann (beispielsweise einkaufen und kochen). Diese Antworten fließen zwar nicht in die Berechnung Ihres Pflegegrads ein. Aber wenn eine Person dabei Schwierigkeiten hat, geben die Gutachterinnen und Gutachter Empfehlungen, wie sie besser zurechtkommen kann.
Von den gewichteten Punkten zum Pflegegrad
Am Ende werden die gewichteten Punkte zusammengezählt - von den Modulen 2 und 3 zählt nur das mit der höchsten Punktzahl. Daraus ergibt sich Ihr Pflegegrad:
Gewichtete Punkte gesamt | Pflegegrad |
---|---|
weniger als 12,5 Punkte | kein Pflegegrad |
ab 12,5 Punkte | Pflegegrad 1 |
ab 27 Punkte | Pflegegrad 2 |
ab 47,5 Punkte | Pflegegrad 3 |
ab 70 Punkte | Pflegegrad 4 |
ab 90 Punkte | Pflegegrad 5 |
Eine Besonderheit: Wer weder seine Arme noch seine Beine benutzen kann, weil sie gelähmt oder nicht da sind, bekommt automatisch Pflegegrad 5 - auch wenn er oder sie weniger als 90 Punkte hat.
So wird der Pflegegrad von Kindern ermittelt
Bei Kindern bis 10 Jahren haben die Gutachterinnen und Gutachter ein spezielles Bewertungssystem. Damit erfassen sie die Fähigkeiten und/oder die Selbstständigkeit der Kinder im Vergleich zu gleichaltrigen Kindern ohne besondere Einschränkung.
Ein Beispiel: 2-jährige Kinder können in der Regel allein essen, zumindest mit einem Löffel. Oft kleckern sie, und wenn etwas geschnitten werden muss, brauchen sie Hilfe. Wenn Kinder auch mit 3 Jahren noch gefüttert werden müssen, sind sie möglicherweise pflegebedürftig.
Kleinkinder unter 18 Monate sind immer und in allen Lebensbereichen unselbstständig.
Deshalb wird bei ihnen nur ein Teil der Module abgefragt:
- Bei ihnen zählen nur die Module 3 (psychische Gesundheit) und 5 (Krankheiten und Therapien) komplett.
- Statt des gesamten Moduls 1 (Mobilität) wird nur geprüft, ob sie Arme und Beine bewegen und benutzen können.
- Statt des gesamten Moduls 4 (Selbstversorgung) wird nur gefragt, welche Unterstützung sie beim Essen und Trinken brauchen.
- Außerdem werden sie automatisch 1 Pflegegrad höher eingestuft als die errechnete Punktzahl. Sobald das Kind 18 Monate alt wird, gilt das nicht mehr. Dann wird es wieder um 1 Pflegegrad heruntergestuft. Wenn der MD das Kind später noch mal begutachten sollte, erfolgt die Einstufung nach der Punktesystematik für Erwachsene.
Wie genau prüft der MD einen Pflegegrad? Dazu hat er ausführliche Informationen bereitgestellt.
Einen Überblick über das System der Pflegegrade gibt Ihnen unser Erklärvideo.