Ein wichtiger Austausch für die Medienscouts
Interview aus Saarland
Sabine Erschens ist Lehrerin am Gymnasium am Stefansberg in Merzig. Anfang Juni war sie aber beruflich in Rostock. Sie war eine der vielen Betreuerinnen und Betreuer, die mit den Medienscouts zur BJKM gereist sind. Im Interview schildert sie ihre Eindrücke und erklärt, welche Rolle die Scouts an ihrer Schule spielen.
TK: Sehr geehrte Frau Erschens. Sie haben als Betreuerin der Medienscouts des Gymnasiums am Stefansberg in Merzig an der Bundesjugendkonferenz Medien teilgenommen. Warum engagiert sich Ihre Schule auf dem Gebiet und seit wann haben Sie selbst Medienscouts?
Sabine Erschens: Das Gymnasium am Stefansberg engagiert sich als Schule, weil es uns wichtig ist, unseren Schülern einen verantwortungsbewussten und sicheren Umgang mit digitalen Medien nahezubringen. Außerdem wollen wir sie dafür sensibilisieren, ihre Privatsphäre im Netz zu schützen. Besonders in Zeiten, in denen fast jedes Kind ein Smartphone besitzt und auf Social Media aktiv ist, gibt es immer mehr Probleme und Gefahren, die oft unterschätzt werden. Unsere Medienscouts-AG schult Schüler aus der Unter- und Mittelstufe durch Peer-to-Peer-Workshops zu Themen wie Cybermobbing, WhatsApp-Klassengruppen, Kettenbriefe, digitale Mutproben usw. Die Medienscouts bereiten diese ca. 90-minütigen interaktiven Workshops eigenständig vor und halten sie in den Klassen. Im Zuge dessen wird häufig über Probleme und konkrete Fälle gesprochen.
Unsere Medienscouts gibt es seit 2016. Meine Kollegin Frau Rütz und ich haben nach unserer Weiterbildung zur Medienberaterin damals ganz klein mit vier Schülern begonnen, die wir zunächst selbst für die Themen fit gemacht haben. Mittlerweile hat unsere AG 16 Teilnehmer aus den Klassenstufen sechs bis elf.
TK: Schildern Sie doch kurz Ihre Eindrücke der BJKM? Was war Ihr Highlight?
Erschens: Auf der BJKM konnten wir uns mit vielen anderen Gruppen vernetzen, was sehr angenehm war. Wir sind nämlich seit Jahren die einzige Gruppe aus unserem Bundesland auf der BJKM und können uns daher nicht immer leicht mit anderen austauschen.
Besonders wachgerüttelt hat uns ein Vortrag zum Thema "Sextortion" - eine Form der Erpressung, bei der intim kompromittierende Bilder oder Informationen genutzt werden - von der Rechtsanwältin und BJKM-Gründerin Gesa von Schwerin, der uns sehr betroffen gemacht hat. Hier habe ich selbst den größten Zugewinn erhalten und würde diesen Workshop - trotz der schockierenden Inhalte - als Highlight bezeichnen. Anhand eines Fallbeispiels wurde gezeigt, wie das Senden von Nacktbildern und -videos einen jungen, erfolgreichen Menschen in den Selbstmord getrieben hat. Gemeinsam mit den Zuhörerinnen und Zuhörern wurden Lösungen, Handlungsempfehlungen und Hilfsangebote erarbeitet. Auch die Workshops der Techniker Krankenkasse waren sehr hilfreich. Unter anderem wurde behandelt, inwiefern Jugendliche von aktuellen globalen Krisen belastet werden. Zudem wurde thematisiert, wie man jungen Menschen helfen kann, besser mit solchen Problemen umzugehen.
TK: Wie kam es bei den Jugendlichen an und wie gehen sie mit dem neuen Wissen um?
Die BJKM kommt bei den Jugendlichen immer sehr gut an, da sie das Gruppengefühl innerhalb der AG stärkt.
Erschens: Die BJKM kommt bei den Jugendlichen immer sehr gut an, da sie das Gruppengefühl innerhalb der AG stärkt. Der hervorragende Tagungsort und die geballte Kompetenz, die uns hier entgegengebracht wird, schaffen eine kreative Atmosphäre unter den Scouts und ihren Begleitern. Auf der Rückfahrt von Rostock werden schon immer fleißig Pläne geschmiedet, wie das neue Wissen eingesetzt und den Schülern in Workshops vermittelt werden kann. Zu Beginn des nächsten Schuljahres wird es erneut Kompetenzworkshops für die Klassen fünf und sieben geben, die von den Vorträgen auf der BJKM inspiriert sind.
TK: Wirkt sich die Arbeit der Medienscouts bereits auf das Schulleben aus?
Wir planen auch, in naher Zukunft eine eigene Sprechstunde in einer der Pausen anzubieten, um unsere Präsenz zu erhöhen.
Erschens: Unsere Arbeit wirkt sich stark auf die Unter- und Mittelstufe aus, da in der Unterstufe unsere Workshops stattfinden und eine Vielzahl der Probleme dann oder anschließend auftreten. Dann ist es wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler genau wissen, wie man zum Beispiel mit jemandem umgeht, der einen auf unangemessene Art und Weise in den sozialen Medien anschreibt, nach Nacktbildern fragt, die Adresse wissen möchte oder ähnliches.
Wir planen auch, in naher Zukunft eine eigene Sprechstunde in einer der Pausen anzubieten, um unsere Präsenz zu erhöhen. In diesem Rahmen können die Medienscouts den Kindern und Jugendlichen, die Fragen oder Probleme haben, mit Rat und Tat zur Seite stehen.
TK: Eine Frage zum Abschluss: Warum sollte es Medienscouts an noch mehr Schulen im Saarland geben? Und warum sollten diese an der BJKM teilnehmen?
Medienscouts bieten nicht nur wertvolle Informationen und Prävention, sondern schaffen auch eine vertrauensvolle Anlaufstelle für Probleme und Fragen rund um die digitale Welt.
Erschens: Meiner Meinung nach braucht jede Schule eine solche AG, um ein sicheres und respektvolles Miteinander im digitalen Raum zu fördern. Mithilfe der Medienscouts kann man besonders in den Bereichen Cybermobbing und Sextortion präventiv wirken und unangenehme Vorfälle verhindern. Medienscouts bieten nicht nur wertvolle Informationen und Prävention, sondern schaffen auch eine vertrauensvolle Anlaufstelle für Probleme und Fragen rund um die digitale Welt. Zudem haben Heranwachsende in der Regel einen besseren Draht zu ihren Mitschülern als zu Lehrern oder externen Referenten.
An der BJKM teilzunehmen, kann ich allen saarländischen Scouts empfehlen, da die Schüler Expertenwissen aus erster Hand erhalten und auch Zugang zu den Materialien bekommen können, mit denen sie andere Schüler schulen können. Außerdem trifft man Gleichgesinnte aus ganz Deutschland und kann viel voneinander lernen.