Trends ändern sich, das Bauchfett bleibt
Artikel aus Berlin/Brandenburg
Glosse: Wir wollen endlich gesund in Bewegung kommen - und ganz nebenbei an der Figur arbeiten. Aber welche Methode ist die richtige?
Der Sommer ist so gut wie vorbei, und wieder hat es nicht geklappt mit der Strandfigur. Jedes Jahr dasselbe: gute Vorsätze zu Jahresbeginn, dann werden Wochen zu Monaten und die neuen Laufschuhe verstauben im Karton. Irgendwann gibt auch das Fitnessstudio auf und beendet die Motivationsmails mit vorwurfsvollem Unterton: "Betreff: Schade, dass wir uns so lange nicht gesehen haben!"
Die Jahreszeiten ziehen vorüber, das Bauchfett bleibt. Wer, bitteschön, hat die Behauptung aufgestellt, pro Jahr nähme man im Alter ein Kilo zu? Schön wär’s! In den Sommerferien fahren wir schon gar nicht mehr ans Meer, sondern verstecken uns in skandinavischen Wäldern oder wandern gut verpackt durchs Gebirge.
Jeder Tag aber kann der Beginn eines neuen, fitteren Lebens werden, in dem der Körper wieder zum Zusammenspiel von Muskeln wird und sich nicht jedes Körperteil eigenständig in weiche Schwingungen versetzen lässt. Ab heute haben wir keine Wahl mehr, nur noch eine Auswahl: joggen, schwimmen oder Gewichte stemmen?
Effektivität ist Trumpf
Obwohl: Das klingt alles ein bisschen oldschool. Außerdem: so zäh, so mühsam, so langwierig. Da muss es doch heute Effektiveres geben, Hollywoodstars schaffen einmal Sixpack (und zurück) auch innerhalb von sechs Wochen. Also lassen wir die Sporttasche erst mal stehen und setzen uns vor den Laptop.
Wo sind wir bloß gewesen in den vergangenen Jahren? Wir haben ja alle Trends für einen glücklichen Körper verpasst! Joggen ist anscheinend out, im Trend liegt jetzt "Mindful Running". Da heißt es auf der Internetseite eines Sportartikelherstellers: "Bewusst wahrnehmen, was in uns und um uns herum gerade geschieht, wie sich der Körper anfühlt und welche Emotionen und Gedanken auftauchen. Musik und Laufuhr bleiben zu Hause, um ganz bewusst nach dem Körpergefühl zu laufen." Klingt irgendwie stark nach dem guten alten Laufen in der Natur.
Wie wäre es mit "H.I.I.T."? Wohl doch nicht, ist wohl zu vernachlässigen, denn als "neuer und trendiger" wird uns auf der Seite einer Fitnessstudiokette "HILIT" angepriesen - das "High Intensity Low Impact Training". Ob Low Impact aber wirklich den Körper strafft?
Zum Glück gibt es auch "Hyrox" - den "ultimativen Fitness-Trend", der als Überraschungsei drei Trainingsmethoden in einer vereint. Drei auf einmal? Klingt für den Anfang ganz schön anstrengend.
Ein bisschen Ballett
Dann lieber "Barre Workout", eine Mischung aus Yoga, Pilates und Tanz. Aber was steht da von "Bewegungen aus dem klassischen Ballett"? Wie soll das funktionieren? Wir schaffen es ja vor Ungelenkigkeit kaum noch, die Arme vor der Brust zu verschränken!
Auch "Aerial Yoga" und "Flying Pilates" in der simulierten Schwerelosigkeit scheiden aus diesem Grund aus. Und "die viel gepriesenen "Biophilia-Workouts"? Sind schlicht "Bewegung in der Natur". Alter Wein in neuen Schläuchen als, wenn dieses Bild aus der Sucht- und Genusswelt gestattet ist.
Einen neuen Fitnesstrend aber entdecken wir noch: den Mega-Trend "Mindfulness". Wir schalten ab, wir konzentrieren uns auf uns, wir horchen in uns hinein - das klingt doch sympathisch! Da bleiben wir gleich sitzen und probieren das mal aus. Und neben dem Stress können wir bestimmt auch das eine oder andere Gramm Bauchfett wegdenken.