Zur Sache: Kardio-MRT / Kardio-CT
Interview aus Hamburg
Eine Untersuchung des Herzens - ganz ohne Herzkatheter und Krankenhausaufenthalt - das ist ein Wunsch vieler Patientinnen und Patienten. Die TK und das Marienkrankenhaus in Hamburg kommen diesem Wunsch mit dem Kardio-MRT / Kardio-CT nach.
Der Kardiologe Dr. Moritz Montenbruck, Leitender Arzt des Zentrums für Kardiale Bildgebung am Marienkrankenhaus, erläutert im Interview das innovative Angebot.
TK: Herr Dr. Montenbruck, was genau ist ein Kardio-MRT beziehungsweise Kardio-CT?
Dr. Moritz Montenbruck: Mit dem Kardio-MRT (Magnetresonanztomographie, Kernspintomographie) untersuchen wir das Herz mit Hilfe eines Magnetfeldes und Radiowellen ohne Strahlenbelastung. Eine Untersuchung dauert zwischen 20 bis 40 Minuten - abhängig vom Untersuchungsprotokoll. Dabei werden die dreidimensionale Herzstruktur, die Herzfunktion aller Herzkammern und die Hauptschlagader anhand von bewegten Bildern beurteilt. Außerdem können die Durchblutung und krankhafte Gewebeveränderungen des Herzmuskels sehr genau untersucht werden.
Beim Kardio-CT (Koronar-CT) werden dagegen mit Röntgenstrahlen sogenannte EKG-gesteuerte Röntgenschichtaufnahmen angefertigt, die eine konturscharfe Darstellung der Herzgefäße (Koronarien) und Gefäßwandveränderungen (Arteriosklerose) ermöglichen. Somit gelingt es mit dem Kardio-CT, Gefäßverengungen (Stenosen) darzustellen, wohingegen das Herz-MRT die effektive Durchblutung (Relevanz von Stenosen) testet, die Pumpkraft beurteilt und den Herzmuskel auf Infarktnarben oder Entzündung überprüft.
TK: Welche Vorteile hat ein Kardio-MRT / Kardio-CT gegenüber den herkömmlichen Untersuchungsmethoden?
Montenbruck: Das Kardio-CT ermöglicht derzeit als einzige etablierte Methode, Herzkranzgefäße und die Herzgefäßwände ohne eine invasive Herzkatheteruntersuchung darzustellen. Allerdings können im Kardio-CT bei Patientinnen und Patienten mit Herzrhythmusstörungen, starker Verkalkung der Gefäße, Stents und hohem Risiko für Gefäßveränderungen die Gefäße häufig nicht ausreichend beurteilt werden.
Mit dem Kardio-MRT bzw. Kardio-CT möchten wir die Zahl an unnötigen Herzkatheter-Untersuchungen deutlich verringern.
Als herkömmliches Verfahren zur Testung der Herzmuskeldurchblutung wird heute immer noch häufig die deutlich stärker strahlenbelastende Myokardszintigraphie eingesetzt. Im Gegensatz hierzu wird im Herz-MRT die Herzmuskeldurchblutung sehr genau ohne Strahlenbelastung untersucht. Parallel dazu werden in derselben Untersuchung Herzmuskelentzündungen, Herzschwäche, alte Herzinfarkte, Muskelspeichererkrankungen, Herzklappenfehler und weitere Herzmuskelerkrankungen als Ursachen der Beschwerden abgeklärt. Allerdings kann eine Untersuchung in der engen MRT-Röhre zu Platzangst führen.
TK: Welche Bedeutung werden künftig neue innovative Untersuchungsmethoden wie das Kardio-MRT / Kardio-CT haben?
Montenbruck: Schon jetzt vermeiden wir mit dem Kardio-CT und Kardio-MRT invasive Herzkatheteruntersuchungen. Zeitgleich unterstützen wir damit die Patientinnen und Patienten und die zuweisenden Ärztinnen und Ärzte dabei, passende Therapien zu finden, die eine möglichst geringe oder keine Strahlenbelastung bedingen. Das Kardio-CT (Koronar-CT) hat seine Stärke im isolierten Ausschluss einer Herzgefäßverengung und Gefäßwandveränderung (Arteriosklerose) und ist für Patientinnen und Patienten mit geringem "Gefäßrisiko" geeignet. Somit gelingt es sehr zuverlässig, Patientinnen und Patienten als "herzgefäß-gesund" zu erkennen. Bei einem Nachweis von Gefäßverkalkungen und Arteriosklerose wird mit Medikamenten ein Fortschreiten der Gefäßveränderungen verhindert oder verlangsamt.
Bei unklaren Befunden im Kardio-CT oder bei Patientinnen und Patienten mit bekannter Herzgefäßveränderung (KHK) führen wir ein Herz-MRT mit Analyse der effektiven Durchblutung durch. Beim Nachweis einer Durchblutungsstörung besteht jedoch ein erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt, und es sollte dann eine Herzkatheter-Untersuchung folgen. Dieses Vorgehen wird von der neuen europäischen kardiologischen Leitlinie für chronische Brustschmerzen empfohlen. Bei Patientinnen und Patienten mit unklaren länger bestehenden Brustschmerzen oder Luftnot wird das Herz-MRT in Zukunft die Standardmethode zur Beurteilung von Herzmuskelentzündungen, Herzschwäche, Herzmuskelerkrankungen oder Durchblutungsstörungen als Ursache der Beschwerden sein. Bei Gefäßveränderungen erkennt das Herz-MRT, ob eine Durchblutungsstörung oder Herzinfarktnarbe besteht und eine Stentimplantation sinnvoll erscheint.
TK: Das Angebot des Kardio-MRT bzw. Kardio-CT gibt es nun seit über drei Jahren. Seit April 2018 haben es gut 1.000 TK-Versicherte in Anspruch genommen. Welche Bilanz ziehen Sie?
Montenbruck: In den letzten Jahren konnten wir mit dem Kardio-MRT und Kardio-CT erfreulicherweise die Patienteninnen und Patienten sowie die behandelnden Ärztinnen und Ärzte in der Diagnostik von Brustschmerzen und Luftnot unterstützen und haben durchweg positive Rückmeldung bekommen. Mehr als 75 Prozent aller Herz-MRT Untersuchungen mit der Frage nach einer Durchblutungsstörung des Herzmuskels führten zur Empfehlung: kein Herzkatheter notwendig. Auch in Zukunft möchten wir mit dieser Vorgehensweise die Zahl an unnötigen Herzkatheter-Untersuchungen deutlich verringern und die Katheteruntersuchungen mehrheitlich nur noch zur therapeutischen Gefäßerweiterung (Stentimplantation) verwenden.
Hintergrund
Hier gibt es weitere Informationen zum Kardio-MRT/Kardio-CT in Hamburg und wie Versicherte am Versorgungsangebot teilnehmen können.