Stottertherapie für Drei- bis Sechsjährige
Artikel aus Hessen
Stottern ist die häufigste und bekannteste Sprechstörung und entsteht meist im Alter von zwei bis fünf Jahren. Kindern mit einer behandlungsbedürften Sprechstörung hilft das Institut der Kasseler Stottertherapie (KST) mit einer Onlinetherapie für Drei- bis Sechsjährige.
Zwischen dem 2. und 6. Lebensjahr erfolgt die Sprachentwicklung von Kindern in rasanten Schritten: Der Wortschatz nimmt zu und grammatikalische Strukturen werden komplexer. Bei vielen Kindern tauchen in dieser Phase alterstypische Sprechunflüssigkeiten auf, die meist von alleine wieder aufhören. Ist das nicht der Fall, kann eine behandlungsbedürftige Sprechstörung dahinterstecken. Jedes 20. Kind ist davon betroffen; lediglich bei ca. einem Prozent der Bevölkerung bleibt ein chronisches Stottern bestehen.
Behandlungskonzept für Kleinkinder
Bei der Kasseler Stottertherapie eignen sich die Patientinnen und Patienten durch das Üben mit einem audiovisuellen Biofeedbackprogramm eine spezielle weiche Sprechweise an, die Unflüssigkeiten beim Sprechen deutlich verringert. Selbst schwer stotternde Menschen lernen, ohne Hast, Spannung oder Druck weich und ohne Stolpern zu sprechen. Die Kasseler Stottertherapie wird bislang als Präsenztherapie für alle Altersgruppen ab sechs Jahren sowie als Onlinetherapie ab 13 Jahren angeboten.
Eines der zentralen Elemente der Onlinetherapie für die Drei- bis Sechsjährigen ist, dass die Eltern die Therapie ihrer Kinder unterstützen und begleiten. In den Therapiekursen werden die Drei- bis Sechsjährigen mit einer kindgerechten Form der Trainingssoftware behandelt, wobei die speziell dafür ausgebildeten Eltern als Co-Therapeuten fungieren. Die Kinder werden - unterstützt durch ihre Eltern - in einer Kombination aus Präsenz- und Onlinetherapie behandelt. Im zweiten Projektjahr begleiten externe Sprachtherapeuten unter Supervision der Kasseler Stottertherapie die Kinder.
Die Therapie für die Drei- bis Sechsjährigen ist in vier Module aufgeteilt, die jeweils zwischen zwei und vier Monate dauern. Sie beginnt mit einem Online-Training, in dem zunächst die Eltern Handlungsstrategien erlernen, wie sie mit dem Stottern ihrer Kinder umgehen können und wie sie gemeinsam mit ihren Kindern das Software-Programm nutzen können, mit dem diese ein neues Sprechmuster erlernen und vertiefen können. Darauf aufbauend folgt im nächsten Schritt die Online-Therapie der Kinder, die in den beiden letzten Modulen zudem von einer Präsenztherapie begleitet wird.
Die Intensität der Stottertherapie variiert in den verschiedenen Phasen. Sie umfasst sowohl Einzel- als auch Gruppentherapien. Ein bedeutsamer Teil der Onlinetherapie für die Kleinsten ist auch, dass die Eltern in allen vier Modulen im Rahmen des Selbsttrainings eigeninitiativ Übungen und Lernmaterialien über die Therapieplattform "freach" auswählen und alleine oder gemeinsam mit ihren Kindern absolvieren.
"Die Stottertherapie bietet die Chance, alltagsnah und frühzeitig Kinder bei einer Sprachtherapie zu unterstützen. Mit der neuen Onlinetherapie für die Drei- bis Sechsjährigen wird die bewährte Therapie nun auch auf kleinere Kinder ausgeweitet, was einen Therapieerfolg umso wahrscheinlicher macht. Wir unterstützen als Land im Rahmen unserer E-Health-Initiative gerne ein solch alltagsnahes und bewährtes Konzept."
"Daten einer Studie, die die TK gemeinsam mit dem Institut der Kasseler Stottertherapie durchgeführt hat, belegen, dass die Onlinetherapie für die Altersgruppe von Patientinnen und Patienten ab 13 Jahren die Symptome des Stotterns genauso signifikant reduziert wie die vergleichbare Präsenztherapie. Diese Ergebnisse zeigen, wie gut es möglich ist, eine erfolgreiche Präsenztherapie in den virtuellen Raum zu bringen."
"Frühes Stottern wächst sich nicht von alleine aus, aber mit einer evidenzbasierten, standardisierten Therapie zum frühestmöglichen Zeitpunkt können wir vielen Kindern einen späteren Therapiemarathon ersparen. Je jünger ein Kind bei Behandlungsbeginn und je kürzer der Zeitraum ist, in dem es stottert, desto höher ist die Chance, dass sich die Sprechstörung wieder komplett gibt."