Ländliche Regionen brauchen Dableibensvorsorge
Artikel aus Mecklenburg-Vorpommern
Mehr als 60 Prozent der Menschen in M-V sind älter als 40 Jahre. Viele von Ihnen leben in ländlichen Regionen. Die dezentrale Gesundheitsversorgung braucht Anpassungen, damit sie weiter wichtige gesellschaftliche Aufgaben erfüllen kann.
Aufgrund der großen Fläche und der vielen kleinen Siedlungen ist die flächendeckende Gesundheitsversorgung sehr herausfordernd. Mit 69 Einwohnenden je km² ist M-V gegenwärtig das am dünnsten besiedelte Bundesland. Die aktuell hohe Individualmobilität ermöglicht den Menschen Zugang zu versorgungswichtigen Einrichtungen in allen Lebensbereichen, auch wenn diese weiter vom Heimatort entfernt sind. Für Alters- und Personengruppen die nicht mehr eigenständig mobil sein können, ist es wichtig die Grundversorgung in der Nähe zu haben. Es wäre allerdings ein Fehler die ländliche Versorgung aus der städtischen Perspektive zu denken. Denn die Erwartungen und Bedarfe der Menschen auf dem Land unterscheiden sich teilweise erheblich von denen in Städten.
Erreichbare Gesundheitsversorgung eine Frage der Perspektive?
Während Menschen die in großen Städten wohnen oft mehrere Ärztinnen und Ärzte, stationäre Einrichtungen und medizinische Versorgungszentren in unmittelbarer Wohnungsnähe als wichtig erachten, können viele Personen in dörflichen Gegenden mit einem vertrauten Hausarzt und einem sektorenübergreifend aktivem Krankenhaus in der Umgebung gut und gesund leben. Dabei unterscheidet sich in diesem anekdotischen Beispiel nicht der Wunsch nach guter medizinischer Versorgung der Personengruppen, sondern die Erwartungshaltung gegenüber der Gesellschaft.
Für die zukünftige Versorgungsplanung in ländlichen Regionen ist es daher wichtig nicht vom urbanen Standpunkt aus zu denken, sondern die Bedürfnisse der Grund- und Regelversorgung in den ländlichen Regionen stärker in den Fokus zu nehmen. Die Erwartungen der ansässigen Bevölkerung, die Leistungsfähigkeit der ländlichen Einrichtungen und die verfügbaren niedergelassenen Medizinerinnen und Mediziner liegen in ihren Vorstellungen oft dichter beieinander als angenommen. An die Bedarfe vor Ort angepasste regionale Gesundheitszentren können eine wichtige Brücke zwischen den Sektoren schlagen. Bei diesen Einrichtungen sollte es egal sein, ob sie aus einem Krankenhaus oder mehreren Praxen bestehen. Die Leistungserbringenden sollten entsprechend ihres Versorgungssektors und ihrer fachlichen Möglichkeiten Leistungen des jeweils anderen Sektors anbieten dürfen. Dies würde für Praxen die Möglichkeit schaffen, Betten zur Übernachtbeobachtung von Patientinnen und Patienten vorzuhalten. Gleichzeitig könnten auch Krankenhäuser ambulante Sprechstunden anbieten.
Die Schnittstelle zwischen der Gesundheitsversorgung und den Patienten ist entscheidend
Eine zentrale Herausforderung in den ländlichen Regionen sind Fahrtzeiten und Wegstrecken. Diese abzubauen ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Wenn die staatlichen Akteure diese Aufgabe meistern könnten, wäre der Weg frei für neue Mobilitätskonzepte, auch im Gesundheitswesen. Denn ein elementarer Bestandteil der neu ausgerichteten Versorgungslandschaft in ländlichen Regionen, könnte eine verbesserte Patientenmobilität sein. Diese könnte zum Beispiel durch Kooperationen mit den lokalen Verkehrsanbietern erreicht werden. Während die infrastrukturellen Planungsprozesse bislang häufig isoliert durchgeführt werden, könnten diese zukünftig als integrativer Prozess die Mobilitäts-Schnittstelle zwischen den Patienten und den Versorgungseinrichtungen bedienen. Je besser das Mobilitätsmanagement in das System der Gesundheitsversorgung integriert ist, desto häufiger werden die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern es nutzen. Damit würde aus den separaten Bereichen der gesundheitlichen und infrastrukturellen Daseinsvorsorge, eine modular ineinander integrierte Dableibensvorsorge.