Ausgaben für Arzneimittel
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Die Versorgung mit Arzneimitteln kostet die Versichertengemeinschaft immer mehr Geld. Ein Überblick in Zahlen und Fakten.
Im Zuge der Diskussionen um die jährlichen Finanzlücken in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) stehen die Arzneimittelpreise immer wieder im Fokus. Wie sich die Ausgaben für Arzneimittel in den vergangenen Jahren entwickelt haben, zeigen die folgenden Zahlen.
Die Arzneimittelausgaben liegen beim Blick auf die Gesamtausgaben der GKV im Jahr 2022 auf Platz Zwei - knapp vor den ärztlichen Behandlungen. 46,8 Milliarden Euro waren es GKV-weit insgesamt, das entspricht durchschnittlich 663 je Versicherte bzw. je Versicherten. Mit einem Anstieg von 4,8 Prozent sind die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für Arzneimittel wieder überdurchschnittlich gestiegen (Anstieg GKV Leistungsausgaben insgesamt: 4,1 Prozent) - wenn auch nicht so stark wie im Jahr zuvor (7,6 Prozent).
Warum steigen die Ausgaben für Arzneimittel so extrem? Das liegt vor allem an neuen, also patentgeschützten Arzneimitteln, die zu sehr hohen Preisen auf den Markt kommen. Die Preise für diese Arzneimittel können die pharmazeutischen Hersteller zunächst frei festsetzen - ohne transparente Kriterien. Immer häufiger liegen sie im fünf- bis sechsstelligen Bereich, auch die Millionenschwelle ist längst durchbrochen. Dass patentgeschützte Arzneimittel die Kostentreiber bei den Ausgaben darstellen, zeigen die folgenden Zahlen aus dem TK-Report " Arzneimittel-Fokus - Pillen, Preise und Patente " deutlich:
Echte Innovationen im Arzneimittelbreich sollen die Hersteller weiterhin gut bezahlt bekommen - anhand transparenter Kriterien wie den tatsächlichen Forschungs- und Entwicklungskosten und entsprechend ihres tatsächlichen Innovationsgrades. Bei zahlreichen neuen Arzneimitteln zeigt sich, dass sie keinen Nutzenvorteil für die Patientinnen und Patienten bieten. In den Innovationsreporten hatte die Universität Bremen gemeinsam mit der TK in den vergangenen Jahren 200 neue Wirkstoffe bewertet, im Ergebnis stellten nur 26 von ihnen (13 Prozent) eine echte Verbesserung für die Patientinnen und Patienten dar.
In der Konsequenz muss Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) grundlegend weiterentwickelt werden, um die Preisspirale bei patentgeschützten Arzneimitteln zu durchbrechen und zu fairen Preisen zu kommen, die dem tatsächlichen Nutzen der neuen Arzneimittel gerecht werden. Die im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz festgesetzten Maßnahmen wie unter anderem das Herabsetzen der Orphan-Drug-Umsatzschwelle auf 30 Millionen Euro (Schwelle, bei der das Arzneimittel gegen eine seltene Erkrankung eine reguläre Nutzenbewertung durchlaufen muss), die Sieben‐Monats‐Lösung beim Erstattungsbetrag (verhandelter Erstattungsbetrag wird nach sechs statt wie bisher nach zwölf Monaten gezahlt) und die Einführung eines Abschlags bei Kombinationstherapien sind zwar wichtige Schritte, die jedoch nur ein Anfang sein können.
Eine grundlegende Weiterentwicklung des AMNOG wird Zeit in Anspruch nehmen. Mit Blick auf die Ausgabensteigerungen im Arzneimittelbreich und die damit verbundenen Gewinne der Unternehmen sind deshalb auch weitere kurzfristige Maßnahmen im Arzneimittelbereich notwendig, die über die im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz festgelegten Maßnahmen hinausgehen. Dazu gehören:
- Eine Verlängerung der Erhöhung des Herstellerabschlags über die Dauer von einem Jahr (festgelegt im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz) hinaus.
- Ein ermäßigter Umsatzsteuersatz auf Arzneimittel wie er auch für Grundnahrungsmittel und Tierarzneimittel gilt.
- Die Einführung sogenannter Fokuslisten, über die die Krankenkassen die Möglichkeit erhalten, einzelne patentgeschützte Arzneimittel für die Versorgung ihrer Versicherten bevorzugt auszuwählen, wenn es vergleichbare Alternativen gibt.