Ausgaben für Arzneimittel
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Die Versorgung mit Arzneimitteln kostet die Versichertengemeinschaft immer mehr Geld. Ein Überblick in Zahlen und Fakten.
Im Zuge der Diskussionen um die immer größer werdenden jährlichen Finanzlücken in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) stehen die Arzneimittelpreise immer wieder im Fokus. Die Arzneimittelausgaben liegen beim Blick auf die Gesamtausgaben der GKV im Jahr 2023 auf Platz Zwei - noch vor den ärztlichen Behandlungen. 50,2 Milliarden Euro waren es GKV-weit insgesamt. Die jährlichen Kostenanstiege sind enorm, im Jahr 2023 fielen sie wegen des damals erhöhten Herstellerabschlags für patentgeschützte Arzneimittel von 12 Prozent etwas geringer aus. Die Ausgaben waren aber trotzdem noch fast drei Prozent höher als 2022 (48,8 Milliarden Euro). Und noch fünf Jahre zuvor, im Jahr 2018, gab die GKV mit knapp 38,7 Milliarden Euro etwa 11,5 Milliarden Euro weniger aus als 2023.
Warum steigen die Ausgaben für Arzneimittel so extrem? Das liegt vor allem an neuen, also patentgeschützten Arzneimitteln, die zu sehr hohen Preisen auf den Markt kommen. Die Preise für diese Arzneimittel können die pharmazeutischen Hersteller zunächst frei festsetzen - ohne transparente Kriterien. Immer häufiger liegen sie im fünf- bis sechsstelligen Bereich, auch die Millionenschwelle ist längst durchbrochen. Besonders hoch ist das Preisniveau für neu auf den Markt kommende Gentherapeutika, die das Potenzial haben, das System an die finanziellen Grenzen bringen. Mehr Informationen dazu gibt es im Report " Arzneimittel-Fokus - Pillen, Preise und Patente ".
Echte Innovationen im Arzneimittelbreich sollen die Hersteller weiterhin gut bezahlt bekommen - anhand transparenter Kriterien wie den tatsächlichen Forschungs- und Entwicklungskosten und entsprechend ihres tatsächlichen Innovationsgrades. In der Konsequenz muss Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) grundlegend weiterentwickelt werden, um die Preisspirale bei patentgeschützten Arzneimitteln zu durchbrechen und zu fairen Preisen zu kommen, die dem tatsächlichen Nutzen der neuen Arzneimittel gerecht werden. Die 2022 im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz festgesetzten Maßnahmen wie unter anderem das Herabsetzen der Orphan-Drug-Umsatzschwelle auf 30 Millionen Euro (Schwelle, bei der das Arzneimittel gegen eine seltene Erkrankung eine reguläre Nutzenbewertung durchlaufen muss), die Sieben‐Monats‐Lösung beim Erstattungsbetrag (verhandelter Erstattungsbetrag wird nach sechs statt wie bisher nach zwölf Monaten gezahlt) und die Einführung eines Abschlags bei Kombinationstherapien sind zwar wichtige Schritte, die jedoch nur ein Anfang sein können.
Eine grundlegende Weiterentwicklung des AMNOG wird Zeit in Anspruch nehmen. Mit Blick auf die Ausgabensteigerungen im Arzneimittelbreich und die damit verbundenen Gewinne der Unternehmen sind deshalb auch weitere kurzfristige Maßnahmen im Arzneimittelbereich notwendig. Dazu gehören:
- Eine Erhöhung des Herstellerabschlags.
- Ein ermäßigter Umsatzsteuersatz auf Arzneimittel wie er auch für Grundnahrungsmittel gilt.
- Die Einführung sogenannter Fokuslisten, über die die Krankenkassen die Möglichkeit erhalten, einzelne patentgeschützte Arzneimittel für die Versorgung ihrer Versicherten bevorzugt auszuwählen, wenn es vergleichbare Alternativen gibt.