Comedy trotz Depression
Kurt Krömer bringt regelmäßig Millionen Menschen zum Lachen. Er ist lustig, frech, unberechenbar und vor allem eins: unkonventionell. Da verwundert es nicht, dass er sich auch privat über Tabus hinwegsetzt und Dinge anspricht, über die sonst lieber geschwiegen wird - so wie seine Depression, die ihn 30 Jahre lang begleitete. Über die hat er nun sogar ein Buch geschrieben.
Du warst 30 Jahre lang depressiv und standest trotzdem als Comedian auf der Bühne - wie passt das zusammen?
Bei mir war es so, dass ich mich in den ersten 28 Jahren in einer leichten bis mittleren Depression befunden habe und erst in den letzten zwei Jahren dann in einer sehr schweren. Zu dem Zeitpunkt war ich dann auch nicht mehr lebensfähig. Davor war die Bühne für mich eine gute Medizin. Dort ist man frei von allem, es gibt keine Sorgen, Du musst Dich um nichts kümmern und bekommst stattdessen Applaus und einen Adrenalinschub.
Wusstest Du, dass Du depressiv warst?
Ich bin ja auch alkoholkrank und dachte eben, dass meine Stimmung mit dem Alkohol zusammenhing. Aber auch nach dem Entzug hatte ich ein diffuses Gefühl in mir. Ich wusste, dass was nicht stimmt, aber ich bin nicht darauf gekommen, dass es eine Depression sein könnte.
Kurt Krömer ist Komiker und Schauspieler, unter anderem Grimme-Preisträger und ausgezeichnet mit dem Deutschen Fernsehpreis. Über seine Depression hat der 47-Jährige gerade ein Buch veröffentlicht.
Was war der Auslöser dafür, dass Du dachtest: Schluss jetzt, ich brauche Hilfe?
Ich war gereizt, extrem unkonzentriert und litt unter Schlaflosigkeit. Zwei Jahre lang bin ich von Arzt zu Arzt gerannt, doch niemand hat etwas finden können. Ich war scheinbar kerngesund.
Im Sommer 2020 hat sich die Situation dann immer weiter zugespitzt, bis ich fast nur noch antriebslos im Bett oder Garten herumlag. Unterhaltungen oder alltägliche Aufgaben haben mich überfordert. Ich stand verzweifelt im Supermarkt, weil ich nicht mehr wusste, wie Einkaufen ging.
Zwei Jahre lang bin ich von Arzt zu Arzt gerannt, doch niemand hat etwas finden können. Ich war scheinbar kerngesund.
Ich habe das Gefühl gehabt, ich sterbe oder ich werde wahnsinnig. Der Hinweis, dass es sich um eine Depression handeln könnte, kam dann von einer Familientherapeutin, die ich eigentlich wegen der Situation zu Hause aufgesucht hatte. Ich bin ja auch alleinerziehender Vater von vier Kindern.
Wo hast Du Unterstützung gefunden?
Ich war dann acht Wochen lang in einer Klinik. Das Schöne war, dass ich dort mit Leuten zu tun hatte, die auch depressiv waren und ich mich endlich nicht mehr erklären musste. Es tut so gut, zu merken, dass man nicht der einzige Mensch mit diesen Problemen ist. Es gibt so viele, die gerade genau das Gleiche durchmachen wie Du.
Das habe ich auch gemerkt, als ich meine Depression öffentlich gemacht habe. Ich habe Tausende Nachrichten bekommen und realisiert, dass das ein Thema ist, das viele beschäftigt. Deswegen habe ich auch ein Buch geschrieben, weil ich dachte: Ich habe jetzt eine Odyssee von zwei Jahren hinter mir, vielleicht kann ich das anderen ersparen.
Es ist sehr beeindruckend, wie offen und ehrlich Du darüber sprichst.
Ich freue mich immer, wenn ich darüber sprechen kann, denn es bestätigt mir, dass ich gut aus der Depression herausgefunden habe. Außerdem ist es wichtig, das Thema aus dieser Tabu-Ecke zu holen. Denn viele Betroffene haben Angst, verurteilt zu werden. Dabei sind Depressionen keine schlechte Laune, sondern eine schwere Krankheit.
Mittlerweile weiß ich, dass es normal ist, auch mal schlechtere Tage zu haben und dass es morgen wieder gut ist.
Was glaubst Du, warum Depressionen immer noch tabuisiert sind?
In unserer Welt geht es fast immer darum, dass alles im Superlativ stattfindet. Wir müssen immer funktionieren, alles muss perfekt sein. Dadurch ist es unglaublich schwer zuzugeben, dass es einem nicht so gut geht. Mein größter Wunsch ist, dass, wenn man in fünf Jahren dieses Interview liest, die Leute laut lachen und sagen: ‚Unglaublich, wie verklemmt die Menschen damals waren. Die haben doch tatsächlich gesagt, dass Depressionen ein Tabu sind. Gott sei Dank ist das heute nicht mehr so!‘
Wie geht es Dir heute?
Mir geht es gut. Es gibt auch Tage, die nicht so toll sind. Aber ich habe gelernt, das richtig einzuschätzen. Denn mittlerweile weiß ich, dass es normal ist, auch mal schlechtere Tage zu haben und dass es morgen wieder gut ist.
Bin ich depressiv?
Diese Beschwerden können auf eine Depression hinweisen: eine depressive, gedrückte Stimmung, Interessensverlust und Freudlosigkeit, verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit sowie Schlafstörungen und Antriebslosigkeit. Sie wollen wissen, wie es um ihr Wohlbefinden steht?
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