Was bedeutet Co-Abhängigkeit bei einer Alkoholerkrankung? (5/5)
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Leidet eine Ihnen nahestehende Person unter einer Alkoholerkrankung, möchten Sie ihr verständlicherweise helfen. Doch viele Bemühungen verstärken ungewollt die Suchtproblematik, statt sie zu lösen. Lesen Sie, was Sie selbst tun können, und wo Sie professionelle Hilfe finden.
Ist eine Person alkoholabhängig, kann diese Erkrankung auch das Leben von Angehörigen stark beeinträchtigen. Hilflos mitanzusehen, wie ein geliebter Mensch sich selbst und anderen schadet, ist oft schwer zu ertragen. Daher bagatellisieren viele das schädigende Verhalten der abhängigen Person, um deren Ruf zu wahren und die Alkoholabhängigkeit zu vertuschen.
Sie fühlen sich mitverantwortlich und versuchen, das Verhalten der Abhängigen zu kontrollieren. Zudem möchten Nahestehende häufig weitere Folgen abwenden und übernehmen die Aufgaben der erkrankten Personen. Doch dadurch werden sie selbst zu Komplizen der Betroffenen. Fachleute nennen dieses Verhalten Co-Abhängigkeit.
Alkoholabhängige brauchen oft lange, um einzusehen, dass sie erkrankt sind. Versuchen Angehörige zu helfen, führt dies häufig zu Streit.
Stimmungsschwankungen oder gar Gewaltausbrüche der alkoholisierten Person können zur permanenten Bedrohung werden.
Co-Abhängige leiden oft an:
- Nervosität
- Schlaflosigkeit
- Magenerkrankungen
- Migräne
- Ängsten oder Depressionen
- Posttraumatischen Belastungsstörungen
Manche greifen aufgrund der permanenten Belastung selbst zu Medikamenten oder Drogen und entwickeln ebenfalls eine Abhängigkeitserkrankung.
Kinder von Alkoholikerinnen und Alkoholikern
Da sich in betroffenen Familien häufig alles um den Alkohol und die abhängige Person dreht, erhalten Kinder meist nur wenig Aufmerksamkeit und Zuneigung. Oft übernehmen sie Aufgaben, denen sie noch nicht gewachsen sind, wie den Haushalt allein zu erledigen oder den benötigten Alkohol zu besorgen. Die Unberechenbarkeit alkoholabhängiger Bezugspersonen kann auch bei ihnen psychische Störungen auslösen. Kinder von Alkoholabhängigen haben überdies ein sechsmal höheres Risiko, später selbst einmal alkoholkrank zu werden.
Was Sie tun können
Nehmen Sie Hilfe für sich selbst in Anspruch, zum Beispiel in einer Suchtberatungsstelle. Die Beraterinnen und Berater sind professionell geschult und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Vielleicht motoviert Ihr Vorbild die alkoholabhängige Person sogar dazu, ebenfalls Hilfe anzunehmen und etwas zu verändern.
Machen Sie sich bewusst, dass es nicht Ihre Aufgabe ist, einen alkoholkranken Menschen vom Trinken abzuhalten. Dazu muss die betroffene Person selbst bereit sein und fachliche Unterstützung in Anspruch nehmen. Weisen Sie auf Angebote der Suchtberatung, auf Therapieeinrichtungen oder auf Selbsthilfegruppen hin.
Fachleute raten zum Umgang mit Alkoholabhängigen wie folgt:
- Übernehmen Sie keine Aufgaben, die der oder die Betroffene selbst erledigen sollte.
- Hören Sie auf, die Erkrankung zu vertuschen, damit sich die betroffene Person über das Ausmaß der eigenen Alkoholabhängigkeit bewusst werden kann.
- Setzen Sie angekündigte Konsequenzen auch in die Tat um.
- Grenzen Sie sich ab: Wenn die erkrankte Person zum Beispiel nicht an einer geplanten Unternehmung teilnehmen kann, weil sie getrunken hat, nehmen Sie allein teil. Bleiben Sie aber im Gespräch miteinander.
- Versuchen Sie, sich regelmäßig Zeit für sich selbst, für Ihre Hobbys und für Freundinnen und Freunde zu nehmen.
- Schließen Sie sich gegebenenfalls einer Selbsthilfegruppe für Angehörige an. Hier können Sie sich austauschen und gegenseitig unterstützen.
Eine Alkoholabhängigkeit endet nicht mit einem körperlichen Entzug. Die Bewährungsprobe findet im Alltag statt - auch für die Angehörigen. Informieren Sie sich über die Erkrankung und nehmen Sie zum Beispiel regelmäßig an Angehörigenseminaren teil. Psychotherapeutische Hilfe als Einzel- oder Paartherapie kann Ihnen dabei helfen, die Co-Abhängigkeit zu überwinden und neue, gesunde Bewältigungsstrategien zu entwickeln.
Hilfsangebote für Angehörige
Auf der Website der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS) können Sie nach einer Beratungsstelle in Ihrer Nähe suchen. Bei der Kontaktsuche helfen Ihnen auch die Beratenden des Infotelefons zur Suchtvorbeugung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) unter 0228 892031.
Die BZgA bietet eine Online-Beratung für Angehörige von Alkoholabhängigen.
Auf der Homepage Hilfetelefon.de finden Sie eine Telefonhotline, eine Online-Beratungsmöglichkeit und Informationen zum Umgang mit häuslicher Gewalt.
Al-Anon oder CoDA sind Selbsthilfegemeinschaften für Angehörige von Alkoholikerinnen und Alkoholikern. Auf ihren Websites können Sie nach Meetings suchen.
Die Elternberatung bei Suchtgefährdung und Abhängigkeit von Kindern und Jugendlichen (ELSA) berät Sie auf ihrer Website Elternberatung-sucht.de.
Der Verein NACOA bietet spezielle Informationen und Beratung für Kinder aus Suchtfamilien sowie für deren Angehörige.