Was ist Schilddrüsenkrebs?
Als Schilddrüsenkrebs (Struma maligna) bezeichnen Mediziner bösartige Tumore (Karzinome) des Schilddrüsengewebes. Sie machen nur ein Prozent aller Karzinome aus, die das umliegende Gewebe zerstören. Ihre Ursache ist noch weitgehend unerforscht.
Frauen sind von den Zellwucherungen etwa zwei- bis dreimal häufiger betroffen. Ein Schilddrüsenkarzinom macht sich meist sehr spät bemerkbar. Wächst Ihnen binnen weniger Monate oder gar Wochen ein Kropf (Struma) , kann ein Tumor dahinterstecken. Auch das plötzliche Wachstum eines bereits lange bestehenden Kropfs kann ein Warnzeichen sein.
Sie können Schluckbeschwerden verspüren, wenn Ihre Schilddrüse den Bewegungen Ihres Kehlkopfs nicht mehr folgen kann. Denn im Fall eines Karzinoms ist das Organ oft vergrößert und das Gewebe knotig verändert. Wegen der Vergrößerung bekommen Sie möglicherweise nicht richtig Luft. Sie können oft heiser sein oder verspüren Hustenreiz. Ein weiteres Anzeichen sind vergrößerte Lymphknoten, die schwer zu verschieben sind.
Das Körperinnere wird durchleuchtet
Während der Anamnese kann ihr Hausarzt Fragen zu Vorerkrankungen wie zum Beispiel einem Kropf oder Krankheiten in der Familiengeschichte stellen. In der Regel tastet er Ihren Hals ab, um die Größe Ihrer Schilddrüse festzustellen. Die Hormonkonzentration im Blut kann Aufschluss über die Funktion der Drüse geben. Ein erhöhter Calcitoninwert kann auf Krebs hinweisen. Besteht ein entsprechender Verdacht, kann Ihr Hausarzt Sie zu einem Internisten oder einem Endokrinologen überweisen. Dieser kann in einer Sonografie mit dem Ultraschallgerät Größe, Lage und Struktur des Gewebes Ihrer Schilddrüse sichtbar machen.
Bei einer Szintigrafie injiziert Ihnen ein Nuklearmediziner radioaktives Technetium in die Armvene. Der Stoff ist so schwach radioaktiv, dass dies unbedenklich ist. Das Schilddrüsengewebe nimmt die jodähnliche Substanz auf. Ihre Strahlung stellt eine Kamera in gelben und roten Farben dar, Bereiche ohne Substanz erscheinen in Blautönen. Typisch für Schilddrüsenkrebs sind sogenannte kalte Knoten. Sie nehmen wenig Technetium auf.
Während der ultraschallunterstützten Feinnadelpunktion entnimmt der Internist verdächtiges Gewebe. Es wird dann von einem Pathologen untersucht. Er kann feststellen, ob und welche Krebsart in welchem Stadium vorliegt.
Ihr Arzt kann auch eine Computertomografie (CT) oder eine Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT) anordnen. Hierbei können die genaue Position und die Ausbreitung des Karzinoms festgestellt werden. Auch Tochtergeschwulste (Metastasen) können so entdeckt werden.
Um die Funktion Ihrer Stimmbänder und Stimmlippen zu prüfen, wird vor und nach einer OP Ihr Kehlkopf gespiegelt.
Verschiedene Krebsarten, unterschiedliche Prognosen
Ob oder inwiefern Ihr Schilddrüsenkarzinom heilbar ist, können Ihre behandelnden Fachärzte individuell beurteilen. Ihre Heilungsaussichten hängen unter anderem vom Wachstumsstadium des Tumors, Ihrem Alter und der Art des Karzinoms ab. Verschiedene Arten von Schilddrüsenkrebs unterscheidet Ihr Internist anhand der Gewebeart, von der die Tumorzellen ausgehen. Bei etwa 70 bis 80 Prozent aller Schilddrüsenkarzinome handelt es sich um sogenannte differenzierte Karzinome. Sie entstehen in den Follikelzellen. In diesen Bläschen bildet die Schilddrüse Hormone. Mediziner untergliedern differenzierte Karzinome in papilläre und follikuläre Karzinome (PCT und FTC).
Differenzierte Karzinome wachsen langsam. Diese Tumore ähneln in ihrer Zellstruktur noch dem gesunden Schilddrüsengewebe. Verglichen mit den Heilungschancen anderer Krebsarten haben Betroffene in der Regel sehr gute Heilungschancen.
Auch undifferenzierte oder anaplastische Karzinome gehen von hormonproduzierenden Zellen aus, kommen aber selten vor. Die Tumore weisen keinerlei Gemeinsamkeiten mit normalen Schilddrüsenzellen mehr auf. Meist werden sie spät entdeckt und schreiten rasch voran.
Das medulläre Schilddrüsenkarzinom hat seinen Ursprung in Zellen, die Calcitonin produzieren (C-Zellen). Sie liegen im Bindegewebe zwischen den Follikeln. Diese Tumorart macht vier bis zehn Prozent aller Schilddrüsenkarzinome aus. Die Prognose hängt vom Stadium der Erkrankung und vom Ausmaß des initialen chirurgischen Eingriffs ab.
Den Tumor entfernen
Normalerweise werden Sie in einem spezialisierten Krebszentrum behandelt. Ist eine vollständige Entfernung des Tumors nicht möglich, versuchen Mediziner, das Wachstum zu stoppen. Über individuelle Chancen und Risiken der Behandlungsmethoden kann Ihr Arzt Sie aufklären. In der Regel entscheiden Sie gemeinsam mit Chirurgen, Internisten und Strahlentherapeuten über die Art der Behandlung.
Die OP
Im Falle eines kleinen differenzierten Karzinoms entfernt ein Operateur nur Teile der Schilddrüse. Wenn der Tumor größer als einen Zentimeter ist oder es sich um ein medulläres Karzinom handelt, wird das Organ vollständig entfernt (Thyreoidektomie). Das ist auch der Fall, wenn benachbartes Gewebe oder Lymphknoten befallen sind.
Radiojodtherapie
Die Bestrahlung mit leicht radioaktivem Jod ist bei sogenannten differenzierten Karzinomen das Mittel der Wahl. Voraussetzung für die Behandlung ist die komplette Entfernung des Organs. Die Strahlung zerstört die restlichen Schilddrüsen- und Tumorzellen. Eine Radiojodtherapie erfolgt in einer nuklearmedizinischen Einrichtung.
Medikamente: Hormone und Zytostatika
In der Regel erhalten Sie nach der Operation und der Strahlentherapie das Schilddrüsenhormon L-T4 (Levothyroxin). Dieser Wirkstoff ersetzt das Hormon, das die Schilddrüse nun nicht mehr bilden kann, und verhindert so Beschwerden einer Schilddrüsenunterfunktion. Durch die Einnahme senkt sich der TSH-Wert. Das aus der Hirnanhangdrüse stammende TSH (Thyroidea stimulierendes Hormon) kurbelt die Hormonproduktion der Schilddrüse an, kann aber auch das Wachstum der Krebszellen anregen.
Chemotherapeutische Medikamente (Zytostatika) werden seltener, meist zur Behandlung von anaplastischen Karzinomen, eingesetzt. Sie greifen in den Zellteilungsmechanismus ein und hemmen das Wachstum.
Moderne Strahlentherapie
Während der Bestrahlung durch die Haut (perkutane Strahlentherapie) liegen Sie unter einem sogenannten Linearbeschleuniger. Er beschleunigt Elektronen nahezu auf Lichtgeschwindigkeit, um sie dann wieder abzubremsen. Die so entstehenden Photonenstrahlen werden auf den Tumor gelenkt, um Krebszellen gezielt zu zerstören.
Risikofaktoren
Ein Kropf (Struma) infolge eines Jodmangels kann das Risiko für ein Schilddrüsenkarzinom erhöhen. Ionisierende Strahlung, wie beispielsweise Röntgen- oder Kernstrahlung, begünstigt die Erkrankung. Eine Röntgenbehandlung im Halsbereich im Kindes- oder Jugendalter gilt als Risikofaktor: Ein Karzinom kann sich etwa zehn Jahre später bilden.
Ein medulläres Karzinom wird in etwa 30 Prozent der Fälle durch eine spezifische Genveränderung in der Erbanlage verursacht. In diesem Fall ist auch das Risiko für Tumore an der Nebennierenrinde oder der Nebenschilddrüse erhöht (MEN 2-Syndrom).
Was Sie zur Vorbeugung tun können
Bei 30 bis 45 Prozent der Erwachsenen liegt die Jodzufuhr unterhalb des geschätzten mittleren Bedarfs. Essen Sie zweimal die Woche Seefisch und verwenden Sie jodiertes Speisesalz, um einem Kropf vorzubeugen. Ihr Hausarzt kann Ihnen helfen, Ihren individuellen Jodbedarf zu decken.
Achten Sie auf besondere Regelungen und Vorschriften, wenn Sie an Ihrem Arbeitsplatz Röntgengeräte oder radioaktive Strahlenquellen verwenden.
Leiden nahe Verwandte von Ihnen am MEN 2-Syndrom, kann eine Genanalyse Aufschluss über Ihr persönliches Krebsrisiko geben.
Anlaufstellen
- Hilfe für Menschen mit Krebserkrankung finden Sie in den Beratungsstellen der Landeskrebsgesellschaft.
- Kostenfreie Beratung bietet auch das Infonetz Krebs der Deutschen Krebshilfe unter 0800 / 80 70 88 77.
- Der Bundesverband Schilddrüsenkrebs - Ohne Schilddrüse leben e. V. informiert und vernetzt Betroffene.