Die 6. Bundesjugendkonferenz Medien in Rostock
Artikel aus Mecklenburg-Vorpommern
Medienscouts aus der ganzen Republik kamen mit ihren Betreuerinnen und Betreuern zur Bundejugendkonferenz Medien (BJKM) nach Rostock. Eine Umfrage unten ihnen ergab, dass der Medienkonsum und die sexualisierte Gewalt unter Jugendlichen zunimmt.
Die Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen nimmt weiter zu und der sich während der Corona-Pandemie abzeichnende Trend der immer weiter steigenden Online-Zeit setzt sich fort. Medienkompetenz ist eine Grundvoraussetzung für Heranwachsende, um sich selbstbestimmt und verantwortungsbewusst im digitalen Raum zu bewegen. Aus diesem Grund fördert die TK fördert seit Jahren aktiv das Engagement der bundesweit tätigen Medienscouts. Die Scouts sind Multiplikatoren auf Augenhöhe und bei Problemen für ihre Mitschülerinnen und Mitschüler immer ansprechbar.
Medienkonsum nimmt weiter zu
Eine Tweedback-Umfrage unter den Medienscouts, die der Verein Prävention 2.0 e. V. und die TK im Vorfeld der Konferenz durchgeführt haben, zeigt, die Jugendlichen sind immer länger online: 65 Prozent von ihnen sogar mehr als drei Stunden täglich. Bei der Befragung im Jahr 2019 waren es 49 Prozent. Von ihnen sind rund 37 Prozent drei bis fünf Stunden (2019: 33 Prozent) und 28 Prozent sogar mehr als fünf Stunden (2019: 16 Prozent) täglich online.
Dabei sind Chatten bzw. die Nutzung von Messenger-Diensten (92,2 Prozent), die Nutzung sozialer Netzwerke (86,4 Prozent), Musik hören (84,5 Prozent) und die Recherche für Hausaufgaben (71,8 Prozent) die Hauptaktivitäten. Rund 94 Prozent der Befragten hatten bereits mit 12 Jahren ein eigenes Handy, vor der Pandemie waren es 88 Prozent.
"Die Bedeutung digitaler Anwendungen und Kommunikationskanäle wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Um Kinder und Jugendliche optimal auf die Zukunft vorzubereiten, müssen wir sie befähigen, kompetente und reflektierte Nutzerinnen und Nutzer zu sein", betont Manon-Austenat-Wied, Leiterin der TK-Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern.
Mehr ungesunder Medienkonsum
Von den Medienscouts haben bereits 48 Prozent selbst Erfahrungen mit gesundheitlichen Beschwerden durch übermäßigen Medienkonsum gemacht. Dies entspricht einer Steigerung von 12,8 Prozentpunkten im Vergleich zur Befragung vor der Corona-Pandemie im Jahr 2019. Die häufigsten gesundheitlichen Auswirkungen sind dabei: Kopfschmerzen (60,3 Prozent), Schlafstörungen (56,7 Prozent), Konzentrationsschwierigkeiten (52,5 Prozent) sowie Rücken-, Schulter-, Nacken- und Gelenkschmerzen (48,9 Prozent).
"Aufgrund der hohen Anziehungskraft digitaler Medien wird immer mehr Freizeit online verbracht. Darüber hinaus werden soziale Beziehungen von Kindern und Jugendlichen zunehmend in der digitalen Welt gepflegt. Es ist wichtig, ihnen mit attraktiven Freizeitangeboten analoge Alternativen zu schaffen", so Austenat-Wied.
Die digitale Welt wird immer wichtiger. Dennoch haben gerade analoge Aktivitäten eine zentrale Sozialisationsfunktion für Kinder- und Jugendliche.
Probleme in sozialen Netzwerken und mit Cybermobbing
Die meisten Anfragen von Mitschülerinnern und Mitschülern erhalten die Scouts weiterhin zu Problemen in sozialen Medien (2023: 79,1 Prozent; 2019: 82,8 Prozent) und, trotz eines Rückgangs, zum Thema Cybermobbing (2023: 64,6 Prozent, 2019: 71,7 Prozent). Weiterhin beraten die Medienscouts zu den Themen Apps (46,6 Prozent), Hate Speech (41,3 Prozent) und Urheberrecht (39,8 Prozent). Mehr als jeder dritte der befragten Jugendlichen gab darüber hinaus an, im vergangenen Jahr mehr Anfragen erhalten zu haben.
Sexualisierte Gewalt unter Jugendlichen
Die Rostocker Rechtsanwältin und Initiatorin der Bundejugendkonferenz Medien, Gesa Stückmann, wird immer häufiger bei Delikten sexualisierter Gewalt unter Jugendlichen zu Rate gezogen. Aus diesem Grund bildet das Thema auf der diesjährigen Konferenz einen Schwerpunkt.
"Mich erreichen immer mehr Anfragen zu sexualisierter Gewalt unter Jugendlichen. Es herrscht große Ratlosigkeit bei den Kindern und Jugendlichen, aber auch bei Eltern und Lehrenden, wie man damit umgeht. Daher brauchen hier alle Aufklärung, dass Betroffene Rechte haben sich dagegen zu wehren und dass Täter rechtliche Konsequenzen zu erwarten haben. Ich erkläre den Medienscouts die entsprechenden Grundlagen, damit sie betroffenen Schülerinnen und Schülern an ihrer Schule besser unterstützen können", so Gesa Stückmann.
Sexuelle Belästigung durch anzügliche Kommentare über Messenger-Dienste, das ungewollte Zusenden von Nacktaufnahmen oder das Teilen heimlicher Filmaufnahmen aus der Umkleidekabine - all das sind Beispiele sexualisierter Gewalt. Bei der Umfrage gaben 21,8 Prozent der Medienscouts an, dass sich Jugendliche vereinzelt an sie gewandt haben, weil sie von sexueller Gewalt betroffen waren. Bei 6,3 Prozent der Befragten geschah dies im vergangenen Jahr sogar mehrfach. Dabei waren das ungewollte Zusenden von "DickPics" (54,8 Prozent), die Anforderung von Nacktselfies (46,6 Prozent), die unfreiwillige Konfrontation mit sexuellem Bildmaterial (34,3 Prozent) und die angedrohte Veröffentlichung von (halb-)Nacktaufnahmen (28,8 Prozent) die häufigsten Gesprächsanlässe.
"Das ist leider durch die digitale Technik heute ein Massenphänomen. Es geht dabei um Straftatbestände wie Besitz und Verbreitung von Kinder- oder Jugendpornographie, sexuelle Belästigung oder aber sexuellen Missbrauch an Kindern. Das wird schon verwirklicht, wenn ein 15-Jähriger einer 11-Jährigen ein Nacktselfie schickt, ohne dass sie darum gebeten hat. Daneben geht es um die Verletzung von Persönlichkeitsrechten, da die Privat- bzw. Intimsphäre Betroffener verletzt wird", betont Stückmann.
Weitere Highlights der Konferenz
Als Highlight erwartet die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Dokumentarfilm "Girl Gang", welchen sie gemeinsam mit der Filmregisseurin Susanne Regine Meures am Samstag, den 6. Mai im Theater des Friedens schauen. Anschließend diskutieren sie den im Film veranschaulichten Werdegang der 14-jährigen Influencerin Leonie aus dem Osten Berlins. Diese hat als Influencerin hunderttausende Follower und spürt zunehmend den Druck des Marktes und der Öffentlichkeit. Darüber hinaus erwartet die Medienscouts auf ihrem Weiterbildungs- und Vernetzungstreffen wieder ein abwechslungsreiches und spannendes Programm. Es finden u. a. Workshops zu den Themen Wohlbefinden in der digitalen Welt, Entwicklung einer positiven Körpersprache, Methoden gegen Täuschung und Manipulation beim sogenannten Nudging und Strategien zur Konfliktmoderation in Messenger-Gruppen statt.
An der Umfrage, die im Vorfeld der Bundesjugendkonferenz Medien unter den Medienscouts durchgeführt wurde, nahmen 206 Scouts teil. Bei der Umfrage zur BJKM 2019 waren es 251 jugendliche Medienprofis.
Tweedback ist digitales Interaktionstool, das echtes Feedback ermöglicht. Das Rostocker Start Up und ehemalige Forschungsprojekt der Universität Rostock hat die Umfrage in Zusammenarbeit mit dem Verein Prävention 2.0 e. V. und der TK durchgeführt und unterstützt die Konferenz mit Live-Umfragen.
In diesem Jahr nehmen 248 Scouts, 52 Betreuerinnen und Betreuer aus elf Bundesländern an der BJKM im Radisson Blu Rostock teil.