Beitragssatz zur Pflegeversicherung: Wer gilt als Eltern und wie ist der Nachweis geregelt?
Seit 1. Juli 2023 gilt: Der Zuschlag für Kinderlose wurde erhöht. Für Familien mit mehreren jüngeren Kindern gibt es Beitragsentlastungen. Bei beidem ist die Elterneigenschaft entscheidend. Der GKV-Spitzenverband hat nun geklärt, was unter "Elterneigenschaft" zu verstehen ist und wie der Nachweis erfolgt.
Familien mit mehreren Kindern unter 25 Jahren können seit 1. Juli 2023 Beitragsabschläge beim Pflegeversicherungsbeitrag geltend machen. Das heißt, sie zahlen weniger als Familien mit nur einem Kind oder kinderlose Personen. Damit sollen vor allem kinderreiche Familien in der Kindererziehungsphase finanziell entlastet werden.
Eltern, die mindestens 2 Kinder haben, die jeweils unter 25 Jahren alt sind, können pro berücksichtigungsfähigem Kind 0,25 Prozentpunkte vom allgemeinen Pflegeversicherungsbeitrag abziehen.
Tipp: Wie das genau funktioniert und welche Beitragsabschläge für welche Konstellation gelten, erklären wir Ihnen in unseren FAQ für Arbeitgeber zur Pflegereform.
Am 11. Juli 2023 hat der GKV-Spitzenverband das Rundschreiben zu den PV-Beitragssätzen ab 07/2023 und zur Elterneigenschaft (RS 2023-384 v. 11.07.2023) (PDF, 259 kB, nicht barrierefrei) herausgegeben, das den Begriff der Elterneigenschaft klärt. Wir fassen die wichtigsten Punkte zusammen.
Rund um die Elterneigenschaft
Begriff der Eltern
Wer zählt alles zum Begriff der Eltern? Dazu gehören die
- leiblichen Eltern,
- Adoptiveltern,
- Stiefeltern und
- Pflegeeltern.
Die Elterneigenschaft wirkt sich auf jeden Elternteil aus, der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung zahlt. Das bedeutet: Beide Eltern sind vom Beitragszuschlag befreit, nicht nur ein Elternteil. Bei den Abschlägen gilt dies genauso.
Besonderheiten bei Adoptiv-, Stief- und Pflegeeltern
Für Adoptiv-, Stief- und Pflegeeltern gelten zusätzliche Bedingungen. Damit sie im Sinne der Pflegeversicherung als Eltern gelten, kommt es bei ihnen auf den Zeitpunkt der Adoption oder Heirat oder auf die Art der Aufnahme in den Haushalt an. Sind die Bedingungen erfüllt, sind sie mindestens vom Beitragszuschlag für Kinderlose befreit und können - sofern die Kinder anrechnungsfähig sind - auch Beitragsabschläge auf den PV-Beitrag anrechnen.
Bei Adoptiveltern gilt: Wenn die Adoption wirksam wird, muss das Alter des Kindes noch innerhalb der Altersgrenzen einer Familienversicherung liegen. Gehört das Kind schon vor dem Wirksamwerden zum Haushalt der zukünftigen Adoptiveltern, wird es für diesen Zeitraum als (Adoptions-)Pflegekind betrachtet.
Bei Stiefeltern gilt: Stiefeltern sind verheiratet oder in einer Lebenspartnerschaft eingetragen. Sie übernehmen die Elternfunktion für das Kind ihres Ehe- oder eingetragenen Lebenspartners. Im Sinne der Pflegeversicherung gelten sie allerdings nicht als Eltern, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Heirat oder dem Eintragen der Lebenspartnerschaft die Altersgrenzen der Familienversicherung erreicht hat. Oder wenn das Kind vor Erreichen der Altersgrenzen nicht zum gemeinsamen Haushalt gehört hat.
Die Elterneigenschaft von Stiefeltern bleibt weiter bestehen, auch wenn die Ehe oder Lebenspartnerschaft wieder aufgelöst wird.
Bei Pflegeeltern gilt: Pflegeeltern haben ein Kind in ihren Haushalt aufgenommen und stehen zu ihm in einer familienähnlichen, auf längere Dauer angelegten Beziehung. Das Pflegeverhältnis muss also durchgängig für mehrere Jahre und nicht nur für eine Übergangszeit oder z. B. tageweise bestehen. Eine weitere Voraussetzung für den Begriff der Pflegeelterneigenschaft im Sinne der Pflegeversicherung ist, dass die familiären Bindungen zu den leiblichen Eltern aufgegeben sind.
Tagespflegepersonen gelten übrigens nicht als Pflegeeltern.
Altersgrenzen in der Familienversicherung
Wenn von den Altersgrenzen in der Familienversicherung die Rede ist, sind damit diese Grenzen gemeint:
- Grundsätzlich bis zum 18. Geburtstag
- Bis zum 23. Geburtstag, wenn das Kind keine Erwerbstätigkeit ausübt
- Bis zum 25. Geburtstag und ggf. sogar länger, wenn das Kind noch zur Schule geht, studiert oder eine Berufsausbildung macht oder einen Freiwilligendienst leistet
- Keine Altersgrenze, wenn das Kind eine Behinderung hat, die es ihm unmöglich macht, für sich selbst zu sorgen
Haushaltsaufnahme: Wann gehören Kinder zum gemeinsamen Haushalt?
Laut dem Bundessozialgericht bedeutet die Aufnahme in den Haushalt nicht allein, dass die Kinder dort wohnen. Sondern es muss z. B. "die Aufnahme in die Familiengemeinschaft" vorliegen. Der Begriff Haushaltsaufnahme wird außerdem mit "Versorgen" gleichgestellt, wobei aber nicht hauptsächlich der Unterhalt gemeint ist. Insgesamt muss ein Verhältnis bestehen, das örtliche, materielle und immaterielle Fürsorge und Versorgung bietet (BSG-Urteil v. 30.08.2001, Az. B 4 RA 109/00 R)
Beitragsreduktion auch bei Stief-, Adoptiv- und Pflegeeltern nur bei Kindern unter 25 möglich
Auch wenn bei Stief- und Adoptiveltern die Elterneigenschaft im Sinne der Pflegeversicherung erfüllt ist, können Kinder ab 25 nicht mehr für die Beitragsabschläge angerechnet werden.
Können auch mehr als zwei Personen pro Kind die Elterneigenschaft haben?
Die Elterneigenschaft kann - je nach familiärer Situation - auch für mehr als zwei Elternteile vorliegen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn sich die leiblichen Eltern scheiden lassen und ein Elternteil wieder heiratet. Wenn das Kind in den Haushalt des neuen Ehepartners aufgenommen wird und die Altersgrenzen der Familienversicherung eingehalten werden, gilt der neue Ehepartner als Stiefelternteil und erwirbt damit ebenfalls die Elterneigenschaft.
Kann die Elterneigenschaft wieder wegfallen?
Eine einmal begründete Elterneigenschaft nimmt Mitglieder lebenslang vom Beitragszuschlag für Kinderlose aus.
Bei den Beitragsabschlägen hingegen ist dies anders geregelt. Hier kann die Elterneigenschaft wieder entfallen. Nämlich insbesondere
- bei den leiblichen Eltern, wenn die Adoption ihrer Kinder durch die Adoptiveltern wirksam wird.
- bei einer rechtlichen Vaterschaft, wenn ein leiblicher Vater die Vaterschaft anerkannt hat.
- bei Pflegeeltern, wenn das Pflegeverhältnis abgebrochen oder aufgelöst wird.
Hinweis: Ihre Mitarbeitenden müssen den Wegfall der Elterneigenschaft unverzüglich Ihnen oder der Pflegekasse (Selbstzahler) mitteilen.
Rund um den Nachweis der Elterneigenschaft
Bei wem müssen Beschäftigte ihre Kinder nachweisen?
Die Elterneigenschaft sowie die Anzahl der zu berücksichtigenden Kinder für den Beitragsabschlag müssen Ihre Mitarbeitenden gegenüber der beitragsabführenden Stelle nachweisen. Dies sind:
- In der Regel sind Sie als Arbeitgeber die beitragsabführende Stelle.
- Bei Selbstzahlern ist dies die Pflegekasse.
- Freiwillig krankenversicherte sogenannte "Firmenzahler" müssen den Nachweis gegenüber ihrem Arbeitgeber und gegenüber der Pflegekasse erbringen.
Übergangszeit bis Ende Juni 2025: Vereinfachtes Verfahren möglich
Aktuell gilt: Ihre Mitarbeitenden müssen die Elterneigenschaft und die Anzahl der Kinder nicht noch einmal nachweisen, wenn Ihnen diese Angaben schon bekannt sind. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn die Elterneigenschaft oder die Zahl der Kinder bereits in den Personalunterlagen vermerkt sind.
Ansonsten müssen Ihnen Ihre Beschäftigten nachweisen, dass sie Kinder haben und wie viele Kinder für die Abschläge berücksichtigungsfähig sind. Wie diese Nachweise aussehen sollen, ist nicht gesetzlich geregelt.
Damit die Nachweise jedoch einheitlich anerkannt werden, gibt der Spitzenverband Bund der Pflegekassen Empfehlungen über die Form der Nachweise. Außerdem wurde übergangsweise ein vereinfachtes Verfahren festgelegt.
Für Nachweise vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2025 können Sie sich Nachweise gemäß den Empfehlungen vorlegen lassen oder auf die Nachweise verzichten. Das heißt: Bis zum 30. Juni 2025 können Sie als Arbeitgeber entscheiden, nach welchem Verfahren Sie vorgehen.
2025 soll dann ein digitales Verfahren bereitstehen, mit dem die Elterneigenschaft und die Anzahl der Kinder erhoben werden können.
Übergangszeitraum 1. Juli 2023 bis 30. Juni 2025 - beide Nachweisverfahren sind möglich
Variante 1: Das vereinfachte Nachweisverfahren ohne weitere Prüfung: Bis 30. Juni 2025 reicht es, wenn Ihnen Ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die erforderlichen Angaben zu den berücksichtigungsfähigen Kindern formlos mitteilen. Der Nachweis gilt als erbracht und die Angaben dürfen ohne weitere Prüfung verwendet werden. Auf weitere Nachweise wird dann verzichtet. In welcher Form Sie die Angaben haben möchten, können Sie als beitragsabführende Stelle selbst entscheiden.
Übrigens: Sie können das vereinfachte Verfahren bis zum 30. Juni 2025 auch nutzen, um sich die erstmalige Elterneigenschaft anzeigen zu lassen, durch die der Beitragszuschlag für Kinderlose wegfällt.
Dabei gilt natürlich, dass die Angaben stets der Wahrheit entsprechen und vollständig sein müssen - dazu sind Beschäftigte gesetzlich verpflichtet. Wenn sie sich vorsätzlich oder leichtfertig nicht daran halten, begehen sie eine Ordnungswidrigkeit.
Sind die Abgaben fehlerhaft, erfolgt keine rückwirkende Korrektur zu Lasten der versicherten Person. Nur wenn die Person zu viele Beiträge gezahlt hat, erfolgt eine Korrektur und Erstattung.
Variante 2: Sie lassen sich Nachweise liefern, die den Empfehlungen entsprechen: In den Empfehlungen werden Nachweise aufgelistet, die anzuerkennen sind. Auch wenn die Liste einigermaßen vollständig ist, sind weitere geeignete Nachweise nicht ausgeschlossen.
Geht das Geburtsdatum des Kindes aus dem Nachweis nicht hervor, es soll aber für den Beitragsabschlag berücksichtigt werden? Dann müssen Sie sich ein Personaldokument vorlegen lassen.
Welche Nachweise gelten als geeignet?
Die umfangreiche Aufstellung der Nachweise für leibliche Eltern, Adoptiveltern, Stiefeltern und Pflegeeltern finden Sie im Abschnitt 5.4. ab Seite 27 des Rundschreiben zu den PV-Beitragssätzen ab 07/2023 und zur Elterneigenschaft (RS 2023-384 v. 11.07.2023) (PDF, 259 kB, nicht barrierefrei) .
Es werden dort auch Alternativen genannt, falls die Unterlagen nicht mehr vorhanden sind und auch nicht mehr beschafft werden können. Diese können in solchen Fällen hilfsweise als Beweismittel dienen.
Was mache ich als Arbeitgeber, wenn ich über die Elterneigenschaft meiner Mitarbeitenden nicht sicher bin?
Es kann immer passieren, dass Sie als beitragsabführende Stelle unsicher sind, ob die Elterneigenschaft besteht oder ob ein Kind berücksichtigungsfähig ist. In solchen Fällen können Sie sich an die Kranken- oder Pflegekasse wenden. Denn dann entscheidet die Stelle, die für die Entscheidung zur Beitragspflicht in der Pflegeversicherung zuständig ist. In der Regel ist das die Krankenkasse des betroffenen Elternteils, bei Selbstzahlern die Pflegekasse.
Nachweis erbracht - und ab wann gilt der neue PV-Beitrag?
Je nachdem, wann Ihnen die Nachweise zur Elterneigenschaft vorliegen und wann die Kinder geboren sind, wirkt sich das auf die Höhe des Pflegeversicherungsbeitrags aus.
Die Kinder wurden vor dem 1. Juli 2023 geboren: Die Nachweise wirken vom 1. Juli 2023 an.
Wenn es nur um den Wegfall des Kinderlosenzuschlags geht, gilt eine Ausnahme: Sind die Kinder zwischen dem 1. April und dem 30. Juni 2023 geboren, fällt der Beitragszuschlag ab dem Geburtsmonat weg - sofern der Nachweis innerhalb von drei Monaten nach der Geburt eingereicht wird. Ansonsten entfällt er ab dem 1. Juli 2023.
Die Kinder wurden im Zeitraum vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2025 geboren: Die Nachweise wirken ab Beginn des Geburtsmonats. Wann der Nachweis vorgelegt wird, ist dabei unbedeutend.
Die Kinder werden ab dem 1. Juli 2025 geboren: Zukünftig wirken Nachweise ab dem Geburtsmonat, wenn der Nachweis innerhalb von drei Monaten nach der Geburt vorgelegt wird. Wird der Nachweis später eingereicht, wird er im jeweiligen Folgemonat wirksam.
Davon ausgenommen wird das digitale Verfahren ab 2025 sein: Nachweise, die darüber abgerufen werden, sind dann immer ab dem Beginn des Geburtsmonats wirksam.
Was ist bei einem Arbeitgeberwechsel?
Wenn Beschäftigte ihren Arbeitgeber wechseln, müssen sie dort erneut angeben, ob sie Kinder haben bzw. wie viele Kinder berücksichtigungsfähig sind.
Dafür gelten die gleichen Fristen. Das maßgebende Ereignis ist in dem Fall nicht die Geburt des Kindes, sondern der Zeitpunkt des Wechsels zu einem neuen Arbeitgeber (und damit der Wechsel der beitragsabführenden Stelle). Sofern Sie neue Mitarbeitende bekommen und Ihnen die Angaben zu den Kindern bereits bekannt sind, müssen Sie die Angaben nicht noch einmal abfragen.
Muss ich die Angaben und Nachweise aufbewahren?
Ja. Die Nachweise über die Elterneigenschaft und über die Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder müssen Sie zusammen mit allen Unterlagen, die für die Zahlung der Pflegeversicherungsbeiträge relevant sind, aufbewahren. Ein bloßer Vermerk, dass Sie die Unterlagen gesehen haben, reicht nicht aus.
Das gilt auch für die Angaben im vereinfachten Nachweisverfahren - auch diese müssen Sie zu den Unterlagen nehmen.
Wo kann ich mich weiter informieren?
Die wichtigsten Informationen zum neuen PV-Beitrag in kompakter Form finden Sie in unserem Beratungsblatt Pflegereform zum 1. Juli 2023 (PDF, 102 kB) .