"Das Zurechtkommen mit der Pandemie war zu Studienbeginn Normalzustand."
Interview aus Bremen
Die Pandemie stellte Studierende vor große persönliche und organisatorische Herausforderungen. Im Interview berichtet die Bremer Public Health-Studierende Gloria Meinhardt über ihre Erfahrungen mit psychischer Belastung an der Universität und erläutert, wie der Studiengang Public Health Studierende auf Stresssituationen im Studium vorbereitet.
TK: Was kennen Sie aus Ihrem Umfeld an Belastungsfaktoren? Gerade mit Blick auf die mentalen Herausforderungen, die im TK-Gesundheitsreport besonders hervorstechen.
Gloria Meinhardt: Die Belastungen sind vielfältig. Was hier besonders hervorsticht ist das Thema Prüfungen. Die Prüfungsphasen sind konzentriert. In einem kurzen Zeitraum finden verschiedene Prüfungsformen parallel statt. Das kann schnell sehr stressig werden. Dazu kommt das Thema Mehrfachbelastungen. Viele Studierende arbeiten nebenbei oder absolvieren Praktika, das kann sehr zeitintensiv und belastend sein. Auch Leistungsdruck spielt eine Rolle. Wenn der eigene Anspruch beispielsweise an Noten im Studium hoch ist, kommt man schnell dahin, sich selbst Druck zu machen, der die Belastung erhöht.
Wenn der eigene Anspruch beispielsweise an Noten im Studium hoch ist, kommt man schnell dahin, sich selbst Druck zu machen, der die Belastung erhöht.
TK: Wie sind Ihre Erlebnisse damit in der Pandemie und jetzt im Nachgang gewesen?
Meinhardt: Ich habe mein Studium 2020 während der Pandemie begonnen. Dadurch war das Zurechtkommen mit der Pandemie zu Studienbeginn Normalzustand. Auffällig war das eingeschränkte Umfeld. Durch die Online-Lehre war man quasi nur zu Hause: Viele Studierende hatten keine geeigneten Arbeitsplätze zu Hause, da sie auf vollständige Online-Lehre nicht vorbereitet waren. Einen Ausgleich zum Online-Studium zu schaffen, war schwierig. Die meisten waren isoliert zu Hause alleine oder mit dem Partner beziehungsweise der Partnerin, Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern oder den Eltern - teilweise sogar in Quarantäne. Es war nicht einfach möglich, sich mit Sport oder dem Treffen von Freundinnen und Freunden abzulenken.
Nach der Pandemie war es ungewohnt. sich in den neuen Studienalltag einzufinden. Die Lehre musste teils vollständig umgestellt werden. Bei mir war erst Präsenz angesetzt, dann ging es mitten im Semester wieder in die Online-Lehre. Man kannte Kommilitonen und Kommilitoninnen schon - aber nicht wirklich persönlich. Diese großen strukturellen Umgewöhnungen mitten im Studium waren schon stressig.
TK: Wie stellen Sie sich eine gute Ausgestaltung von Studentischem Gesundheitsmanagement (SGM) vor? Welche Angebote kennen Sie und welche würden Sie sich vielleicht wünschen?
Meinhardt: Studentisches Gesundheitsmanagement kann auch als Gesundheitsprävention im Studium gesehen werden. Dafür müssen sowohl die Verhältnisse des Studiums gesundheitsfördernd ausgerichtet werden als auch konkrete Unterstützungsangebote für die Studierenden geschaffen werden. Hier sollte SGM ganzheitlich ansetzten, um die Belastungen im Studium zu mindern.
Es gibt als Angebote der Uni zum Beispiel die Psychologische Beratung und die Sozialberatung des Studierendenwerks. Dort können alle Studierenden ausführliche Hilfsangebote und Informationen zu Themen wie Prüfungsangst, Stressmanagement, Resilienz oder Selbstorganisation finden.
Ich würde mir wünschen, dass der Austausch unter Studierenden zu diesen Themen einen festen Raum bekommt - quasi eine Art Selbsthilfegruppe, in der untereinander oder auch in Zusammenarbeit mit Lehrenden ein Austausch stattfindet. Lehrende sollten, für ein umfängliches SGM, generell stärker einbezogen werden, um beispielsweise Prüfungsphasen zu entzerren oder die Struktur der Lehrveranstaltungen angenehmer zu gestalten.
Ich würde mir wünschen, dass der Austausch unter Studierenden zu diesen Themen einen festen Raum bekommt, in dem untereinander oder auch in Zusammenarbeit mit Lehrenden ein Austausch stattfindet.
TK: Sie studieren Public Health. Wie beeinflusst dies Ihre Sicht auf das Thema Gesundheit? Inwieweit haben Inhalte des Studiums Einfluss auf ihren Umgang mit Belastungssituationen?
Meinhardt: Ich habe durch mein Studium gelernt, Gesundheit sehr ganzheitlich zu betrachten. Der Fokus wird auf die verschiedensten Aspekte von Gesundheit gelegt. Somit betrachte ich Gesundheit nicht mehr nur aus medizinscher Sicht oder als die Abwesenheit von Krankheit.
In den unterschiedlichen Modulen waren psychische Erkrankungen, der Einfluss von Stress und auch die Implementierung von Gesundheit in unterschiedlichen Aspekten des täglichen Lebens häufig Thema. Dadurch habe ich zu diesen Themen viel mitgenommen und bin wachsamer gegenüber potenziellen Belastungsfaktoren und deren Einflüssen auf die Gesundheit geworden. Das heißt nicht zwangsläufig, dass alle Public-Health-Studierenden einen super gesunden Lebensstil haben, aber ein Bewusstsein für den Umgang mit Belastungen und die entsprechende Gestaltung des eigenen Lebensstils ist sicherlich vorhanden.
Ich habe durch mein Studium gelernt, Gesundheit sehr ganzheitlich zu betrachten.
TK: Nutzen Sie den Hochschulsport? Kennen Sie Angebote an Ihrer Uni?
Meinhardt: Persönlich nutze ich den Hochschulsport aktuell nicht, da ich für mich andere passende Angebote gefunden habe. Aber ich kenne die Angebote des Hochschulsports durchaus und weiß auch, dass diese sehr gut angenommen werden. Die Kurse sind immer recht schnell ausgebucht. Dies deutet darauf hin, dass eine umfangreichere Gestaltung des Angebots sinnvoll sein könnte. Die Kurse sind beliebt, da sie recht kostengünstig und einfach zugänglich sind. Sie bieten sich besonders an, wenn man neue Sportarten erstmal ausprobieren möchte.
Gerade bei außergewöhnlichen Sportarten ist es super, wenn man diese erstmal testen kann und sich nicht direkt festlegen muss. Durch dieses Ausprobieren findet man dann vielleicht die Sportart, die der richtige Ausgleich ist oder einem am meisten Spaß bringt. Wünschenswert wäre, dass sich Kurse auch nach einer ersten Teilnahme fortsetzen lassen, sodass man den gewünschten Sport auch weiter ausüben kann.