TK: Herr Dr. Steglich, welches ist das größte Problem, mit dem Sie und Ihre Mitglieder im Moment zu tun haben?

Dr. Eberhard Steglich: Hierauf gibt es nur eine klare Antwort - die flächendeckende Sicherstellung der zahnmedizinischen Versorgung der Patientinnen und Patienten!
Das größte Problem ist der Rückgang der Versorgungsdichte. Planungsunsicherheit als Folge der gesetzlichen Rahmenbedingungen spielt hier eine wesentliche Rolle. Vor allem junge Menschen - aber eben nicht nur die - sehen bei einer Niederlassung mehr Risiken als Chancen. Die KZV Land Brandenburg versucht seit einigen Jahren, dem entgegenzuwirken. Doch unsere Möglichkeiten sind leider begrenzt und die Ursachen des Versorgungsrückgangs sind vielgestaltig. Die meisten meiner Kolleginnen und Kollegen fühlen sich alleingelassen von der Politik.

Viele strukturelle Probleme wie Verkehrsanbindung, soziale Infrastruktur oder Lebensqualität können durch die Zahnärztinnen und Zahnärzte nicht wesentlich beeinflusst werden. Bei einigen Landkreisen und Städten ist das inzwischen angekommen. Hier gibt es neben dem Förderprogramm der KZV Land Brandenburg inzwischen ergänzende Förderangebote. Für den Bund und das Land kann ich dies leider nicht bestätigen.

Fast alle weiteren Probleme sind diesem Thema nach- oder untergeordnet. So wurden die Honorare durch Spargesetze von der realen Kostenentwicklung abgekoppelt. Im Gegensatz dazu sind die Vertragszahnärztinnen und -ärzte ihrer Verantwortung für ihr Assistenzpersonal (Zahnarzthelferin) im großen Maß nachgekommen. Dies können wir durch Analyse der Wirtschaftsdaten nachweisen. 

TK: Welchen gesundheitspolitischen Auftrag haben Sie an die neue Landesregierung?

Dr. Steglich: Auch darauf gibt es eine klare Antwort: das Thema Versorgung endlich ernst zu nehmen! Die Lösungsansätze, die von der Politik kommen, haben häufig etwas Hilfloses, ja sogar etwas Slapstickartiges, an sich. Immer wieder redet man vom Bürokratieabbau, was in der Regel noch mehr Bürokratie heißt.

Bei der Förderung von Zahnarztpraxen auf dem Land sind der Landesregierung einige Möglichkeiten gegeben. Leider sind genau diese in den letzten Jahren ausnahmslos gestrichen worden. Deshalb unser Aufruf: Kommen Sie zurück an den runden Tisch der zahnärztlichen Versorgung und lassen Sie uns gemeinsam mit den Krankenkassen, den Gebietskörperschaften und den zahnärztlichen Standesorganisationen Auswege aus der Sackgasse finden!

Dr. Eber­hard Steg­lich

Dr. Eberhard Steglich, Vorstandsvorsitzender der KZV Land Brandenburg Das Bild ist noch nicht vollständig geladen. Falls Sie dieses Bild drucken möchten, brechen Sie den Prozess ab und warten Sie, bis das Bild komplett geladen ist. Starten Sie dann den Druckprozess erneut.
Vorstandsvorsitzender der KZV Land Brandenburg
KZVLB

TK: Wie soll die Gesundheitsversorgung von morgen finanziert werden?

Dr. Steglich: Deutschland leistet sich eines der besten Systeme der Welt. Doch dieses System wurde in den letzten Jahrzehnten durch versicherungsfremde Leistungen überfordert. Nur ein Beispiel dafür sind die nicht kostendeckenden Beiträge für Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld. Die Ampelregierung hat im Koalitionsvertrag richtigerweise eine Dynamisierung des Bundeszuschusses sowie höhere Beiträge für Bürgergeldbezieher aus Steuermitteln vereinbart.  

Doch auch wegen des wissenschaftlichen Fortschritts würde die Streichung dieser Kosten allein für eine Stabilisierung der Finanzen nicht ausreichen. Der Bund kann die finanziellen Probleme nicht mehr an die Länder, die Krankenkassen, die Leistungserbringer und letztlich die Bürgerinnen und Bürger weitermendeln.

Will man die bisherige Qualität der Gesundheitsversorgung beibehalten, müssen entsprechende Zuschüsse fließen. Will man das nicht, muss das zumindest ehrlich kommuniziert werden. Denn es ist nicht weniger als eine Farce, wenn der Bundesgesundheitsminister vorträgt, es werde keine Leistungskürzung geben, und bestimmten notwendigen Leistungen gleichzeitig die Finanzierung entzieht. 

Zur Person

Dr. Eberhard Steglich wurde am 26. August 1955 in Guben geboren. Nach Ausbildung und Abitur studierte er Zahnmedizin an der Humboldt-Universität, wurde 1983 approbiert und erwarb einen Abschluss als Fachzahnarzt für Kieferorthopädie. Im Januar 1991, nach seiner Promotion,  eröffnete er seine eigene Zahnarztpraxis. Noch im selben Jahr wurde er in den Vorstand der Landeszahnärztekammer Brandenburg gewählt, vier Jahre später wurde er bereits ihr Vizepräsident. Seit Januar 2011 ist Dr. Steglich Vorstandsvorsitzender der KZV Land Brandenburg.