"Es muss in ambulante Strukturen investiert werden."
Interview aus Berlin/Brandenburg
Praxen und MVZ müssen als zentrale Anlaufpunkte für Patientinnen und Patienten gestärkt werden, sagt die KVBB-Vorsitzende Catrin Steiniger.
TK: Frau Steiniger, welches ist das größte Problem, mit dem Sie und Ihre Mitglieder im Moment zu tun haben?
Catrin Steiniger: Die ambulante Versorgung im Land Brandenburg steht vor verschiedenen Herausforderungen. Wir haben nicht nur in verschiedenen Regionen und Fachgruppen einen Mangel an ärztlichen Kolleginnen und Kollegen, sondern auch sehr viele Praxen finden kaum noch qualifiziertes Personal. Darüber hinaus müssen endlich alle Praxen, egal welcher Fachrichtung, für ihre Arbeit vollständig honoriert werden. Wir brauchen eine echte Entbudgetierung der ambulanten Medizin.
TK: Welchen gesundheitspolitischen Auftrag haben Sie an die neue Landesregierung?
Steiniger: Ganz wichtig ist es, Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und bedarfsgerechte Veränderungsbereitschaft der ambulanten Medizin zu haben. Wir ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte sind die wichtigste Säule der flächendeckenden medizinischen Versorgung der Bevölkerung.
Statt neue Strukturen aufzubauen, sollte das gut funktionierende ambulante Netzwerk aus Praxen und MVZ gefördert und um koordinierende, telemedizinische und temporär überwachende Versorgungsangebote erweitert werden.
Wenn stationäre grundversorgende Kapazitäten substituiert werden sollen, muss gleichzeitig in die vorhandenen und erforderlich erweiterten ambulanten Strukturen investiert werden.
TK: Wie soll die Gesundheitsversorgung von morgen finanziert werden?
Steiniger: Laut Sozialgesetzbuch V ist zu zahlen, was bedarfsgerecht, notwendig und zweckmäßig ist. Diesem Grundsatz folgend, bedarf es zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten flächendeckenden medizinischen Versorgung des stationären Strukturwandels in Verbindung mit der Ambulantisierung und der Weiterentwicklung von Praxen und MVZ zu zentralen Orten der Versorgung als Anlaufpunkte für die Patientinnen und Patienten.
Das erfordert zunächst zusätzliche Investitionen, die jedoch durch die Einsparungen im stationären Bereich finanziert werden können.
Zur Person
Catrin Steiniger ist seit dem 1. Januar 2023 Vorsitzende des Vorstands der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB). Die Fachärztin für Urologie ist seit 1999 in eigener Praxis in Lübbenau niedergelassen. Seit 2010 war sie Mitglied In der Vertreterversammlung der KVBB und Brandenburger Landesvorsitzende des Berufsverbands der Urologen. Von 2021 bis zur Wahl in den KVBB-Vorsitz war sie Präsidentin des Bundesverbands der Urologen.