Online-Hautcheck: Dermatologin über digitalen Fortschritt
Interview aus Schleswig-Holstein
Im Interview spricht Hautärztin Dr. Florine Fischer aus Wedel über den Nutzen aber auch die Grenzen digitaler Anwendungen für die Dermatologie.
TK: Sie sind eine der teilnehmenden Dermatologinnen bei dem Angebot Online-Hautcheck. Welche Vorteile bieten sich Ihrer Ansicht nach für die Patientinnen und Patienten?
Dr. Florine Fischer: Die Patientinnen und Patienten können jederzeit (24/7) und von überall (zu Hause, aber auch aus dem Urlaub oder der Dienstreise) unkompliziert eine Fachärztin bzw. einen Facharzt ihrer Wahl kontaktieren. Sie erhalten innerhalb von maximal 48 Stunden eine fachärztliche Einschätzung und Empfehlung. Besonders in diesen Pandemiezeiten ist die Option, einen fachärztlichen Rat zu bekommen, ohne das Haus verlassen oder sich lange in ein Wartezimmer setzen zu müssen, für viele sehr beruhigend. Berufstätige können zum Beispiel vor oder nach der Arbeit eine Anfrage stellen und sparen Zeit.
TK: Welchen Nutzen sehen Sie auch für sich selbst als Hautärztin?
Fischer: Ich kann mir frei einteilen, wann ich die Anfragen beantworte, und entlaste so unsere Anmeldung und das Wartezimmer. Ich kann den PatientInnen einen modernen, zukunftsweisenden Service bieten.
TK: Wann reicht ein Foto nicht aus? Wo sehen Sie die Grenzen dieser digitalen Möglichkeit?
Fischer: Im Rahmen der digitalen Sprechstunden fiel mir vermehrt auf, dass die Dermatologie nicht nur ein sehr visuelles, sondern auch ein taktiles Fachgebiet ist: Viele Hautveränderungen lassen sich durch Tasten und Fühlen besser einordnen als rein visuell. Diese Dimension fehlt bei Fotos/Videos und kann die Einschätzung erschweren. Deshalb kann es manchmal hilfreich sein, auch Aufnahmen von der Seite zu machen, um einen gewissen 3D- Effekt zu erreichen. Im Zweifelsfall sollte natürlich der Gang in die Praxis erfolgen.
TK: Wie beurteilen Sie die besondere Relevanz für ein Flächenland wie Schleswig-Holstein?
Fischer: Gerade in einem Flächenland sind die Anfahrtswege zur Fachärztin bzw. zum Facharzt oft weit; auch sind besonders ältere Patientinnen und Patienten oft eingeschränkt mobil. Hier ermöglichen digitale Anwendungen ganz neue Möglichkeiten der Versorgung. Manchmal helfen auch Kinder oder Enkel bei der Nutzung; die Möglichkeit, eine Anfrage außerhalb der normalen Praxisöffnungszeiten zu stellen, erleichtert die Hilfe durch berufstätige Angehörige.
TK: Wie sieht es in Ihrem Praxisalltag aus: Nutzen Sie weitere digitale Anwendungen?
Fischer: Ich biete auch Video-Sprechstunden an, zum Beispiel zur Wundkontrolle. Diese werden sehr gut angenommen. Meine älteste Patientin hierbei war 90 Jahre alt!
TK: Und wenn Sie in die Zukunft blicken: Wo sehen sie die Chancen aber auch Hürden digitaler Möglichkeiten für ärztliches Personal sowie Patientinnen und Patienten?
Fischer: Eine Chance ist sicherlich die bessere Erreichbarkeit sowohl zeitlich als auch örtlich. Eine Hürde ist die teilweise schlechte Netzabdeckung in der Fläche; auch die Bildqualität lässt manchmal zu wünschen übrig. Außerdem sind ältere Patientinnen und Patienten, die besonders von digitalen Anwendungen profitieren würden, technisch nicht immer in der Lage, diese Möglichkeiten zu nutzen. Und zu guter Letzt: eine begrenzte Anzahl von Ärztinnen bzw. Ärzten kann immer nur eine begrenzte Zahl von Patientinnen und Patienten behandeln, egal ob digital oder analog.
Zur Person
Nach dem Medizinstudium in Heidelberg, Berlin und Hamburg leistete Dr. Florine Fischer einen großen Teil des praktischen Jahrs in Poole (England) ab. Anschließend begann sie ihre Facharztausbildung zur Dermatologin am UKE in Hamburg, ergänzt durch die Weiterbildung in der Praxis von Dr. Maurach in Wedel, die sie 2008 übernahm. Nach einem Jahr Erziehungszeit nach der Geburt ihres Sohnes im Jahr 2001 erlangte sie außerdem die Zusatzbezeichnung "Allergologie". Seit 2019 nimmt sie am Projekt Telemedizin im ländlichen Raum des Instituts für Allgemeinmedizin der Uni Kiel/Lübeck teil.