Präsentismus in einer zunehmend mobilen Arbeitswelt
Husten, Fieber, Heiserkeit - für viele Arbeitnehmer ist das kein Grund, zuhause zu bleiben und sich auszukurieren. Laut der aktuellen TK-Studie "Präsentismus in einer zunehmend mobilen Arbeitswelt" geht mehr als ein Viertel der Beschäftigten häufig oder sehr häufig krank zur Arbeit.
Lediglich 17 Prozent geben an, immer zu Hause zu bleiben, wenn sie krank sind.
Oft wird auch zu Medikamenten gegriffen, um arbeiten zu können. Bei den Führungskräften tut das mehr als jeder Fünfte häufig (21 Prozent), bei den Beschäftigten ohne Führungsverantwortung sind es immer noch 16 Prozent.
"Krank zu arbeiten, hilft niemandem", so Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK. "Wer sich aber zum Beispiel mit einer leichten Erkältung fit fühlt, kann natürlich - gerade im Homeoffice - noch im Einsatz sein. Wenn man aber wirklich krank ist, muss man sich auskurieren. Alles andere schadet den Beschäftigten und letztlich auch den Arbeitgebern. Verzögerte Genesung, eingeschränkte Leistungsfähigkeit, mehr Fehler und Unfälle - und angesteckte Kolleginnen und Kollegen: Das sind nur einige der möglichen Folgen, wenn Beschäftigte krank zur Arbeit gehen."
Präsentismus auch im Homeoffice
Das Homeoffice kann bei Krankheit zum Arbeiten verführen: 46 Prozent geben an, dass es im Homeoffice häufiger vorkommt, dass sie arbeiten, obwohl sie sich krank fühlen. Zwölf Prozent arbeiten dort häufig oder sehr häufig, obwohl sie krankgeschrieben sind, und 30 Prozent greifen im Homeoffice sogar häufig oder sehr häufig zu Medikamenten, um arbeiten zu können.
Vertretungsregeln fehlen
Gefragt, warum sie krank arbeiten, werden fünf Gründe von den Beschäftigten besonders oft genannt:
- fehlende Vertretung,
- die Krankheit sei nicht ansteckend,
- man wolle den Kolleginnen und Kollegen nicht zur Last fallen,
- dringende Arbeiten oder Termine -
- aber auch der Spaß an der Arbeit.
Alle fünf Gründe treffen für knapp 80 Prozent der Befragten zu.
Frauen und jüngere Beschäftigte besonders betroffen
Bestimmte Personengruppen sind stärker betroffen als andere: Frauen mehr als Männer, Führungskräfte mehr als Beschäftigte ohne Personalverantwortung und jüngere mehr als ältere Arbeitnehmer. So gaben beispielsweise 30 Prozent der unter 29-Jährigen an, häufig oder sehr häufig trotz Krankheit zur Arbeit zu gehen. Bei den Beschäftigten, die 60 Jahre und älter sind, trifft das nur auf 17 Prozent zu. Auch befristet angestellte Beschäftigte und solche, die neu im Unternehmen sind, gehen eher trotz Krankheit zur Arbeit als Alteingesessene.
Aufklärung ist eine Führungsaufgabe
"Die Befragung zeigt auch, dass sich die Beschäftigten klare Ansagen und Regeln von ihren Führungskräften für den Krankheitsfall wünschen", so Baas. "Hier gibt es eindeutig Nachholbedarf. 65 Prozent der Befragten haben noch nie mit ihrem Arbeitgeber über das Thema gesprochen."
Hintergründe zur Studie und wie man mit dem Phänomen umgehen sollte, erklärt Maren Beer vom IFBG im Interview auf dem Blog WirTechniker .
Dossier: Präsentismus in einer zunehmend mobilen Arbeitswelt
Datenanalyse und aktuelle Studienlage 2022