Dem Stress die Stirn bieten
Um mit Belastungen besser klar zu kommen, sollte erlebter Stress unbedingt in die richtige Bahnen gelenkt werden. Wie das gelingen kann, erklärt Dr. David Surges, Psychologe im Gesundheitsmanagement der TK.
Der Wunsch, körperlich und psychisch gesund zu sein, ist omnipräsent. Vor allem in der langen Phase der Corona-Pandemie hat die seelische Gesundheit doch einiges "wegstecken" müssen. Im Interview beantwortet Dr. David Surges, Psychologe im Gesundheitsmanagement der TK, Fragen zu diesem Thema. Das Gespräch führte Daniela Maiorovici vom "Urban Sports Club" - Kooperationspartner der Techniker. In Europa ist der "Urban Sports Club" die größte Plattform für Sport und Wellness und bietet Unternehmen ein Firmenfitness-Angebot mit über 50 Sportarten.
Alle sprechen von Resilienz und mentaler Gesundheit, aber dennoch steigen die Zahlen psychischer Erkrankungen in Deutschland. Was denken Sie, woran das liegt?
Dr. Surges: Wir sehen in der Tat seit Jahren eine Zunahme an psychischen Erkrankungen in unseren Statistiken. So haben die Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen zugenommen, und auch das Stresslevel ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen.
Die konkreten Ursachen können individuell sehr unterschiedlich sein. Insgesamt beobachten wir aber zwei Trends:
Wir leben in einer zunehmend komplexen Welt, die sich immer schneller zu verändern scheint. Wir werden mit neuen Reizen, Situationen und Anforderungen konfrontiert, auf die wir uns immer wieder neu einstellen müssen. Gewohnheiten und Routinen, die uns bisher Sicherheit gegeben haben und eine Kraftquelle waren, fallen weg. Dies wird häufig als eine psychische Belastung erlebt. Die Corona-Pandemie zeigt das gerade sehr deutlich.
Zudem haben das Bewusstsein und die gesellschaftliche Akzeptanz für psychische Belastungen und Erkrankungen zugenommen. Medien berichten häufiger über das Thema, Stars teilen ihre eigenen Erfahrungen etwa mit Burnout oder Depression, und auch Achtsamkeit, Yoga und Meditation sind derzeit sehr präsente Gesundheitstrends. Dies macht es für uns alle einfacher, auch die eigene psychische Belastung offenzulegen und Hilfsangebote, wie beispielsweise eine Therapie, in Anspruch zu nehmen. Das ist ein Trend, den ich positiv bewerte. Denn nur wenn eine Belastung oder gar Erkrankung aufgedeckt wird, kann ich dem auch etwas entgegensetzen.
Haben Sie das Gefühl, Unternehmen beschäftigen sich ausreichend mit dem Thema?
Dr. Surges: Durch die Corona-Pandemie hat das Thema "psychische Gesundheit" bei vielen Unternehmen eine größere Aufmerksamkeit erhalten. Firmen haben gemerkt, wie sehr die Pandemie, das Arbeiten im Homeoffice und Doppelbelastungen bei Quarantäne oder Lockdown zur psychischen Belastung für die Beschäftigten werden kann. Immer mehr Unternehmen bieten ihren Mitarbeitenden mittlerweile Angebote zum Stressmanagement, wie Achtsamkeitstrainings oder Selbstmanagementkurse, aber auch Online-Sport-Angebote, die im Homeoffice wahrgenommen werden können.
Das ist gut und wichtig. Denn wenn das soziale Miteinander der Kolleginnen und Kollegen wegfällt, wenn man sich selbst im Homeoffice organisieren muss und wenn gleichzeitig die Grenzen zwischen Privat- und Arbeitsleben verwischen, dann hilft es, die eigenen Gesundheitskompetenzen im Umgang mit Stress zu stärken und einen Ausgleich zum Abschalten und Entspannen zu schaffen.
Wir wissen aber auch, dass im Job vor allem die Dinge Stress auslösen, die nicht durch die Mitarbeitenden selbst beeinflussbar sind: wie zu viel Arbeit, Termindruck, Informationsflut oder schlechte Arbeitsplatzbedingungen. Hier sind umso mehr die Arbeitgeber und Führungskräfte gefragt, auch die Arbeitsbedingungen gesundheitsförderlicher zu gestalten und das Thema Gesundheit strukturell zu verankern.
Was können gerade Führungskräfte und HR-Verantwortliche tun, um vor allem für sich Stress abzubauen und gesunde Routinen herzustellen?
Dr. Surges: Führungskräfte spielen eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, die Gesundheit im Unternehmen zu fördern. Dass Führungskräfte dabei auch ihre eigene Gesundheit im Blick haben, ist umso wichtiger, da sie auch eine klare Vorbildfunktion für ihre Beschäftigten einnehmen.
Vorgesetzte sind auch besonderen Belastungen ausgesetzt. Mehr als die Hälfte der Führungskräfte berichten etwa, dass sie oft oder sogar immer Überstunden machen. Das ist doppelt so viel wie bei Mitarbeitenden ohne Führungsverantwortung. Eine klare Mehrbelastung. Da ist es wichtig, die eigenen Grenzen zu kennen. Ein eingeplanter Zeitslot für sich selbst kann helfen, die eigenen Ressourcen im Blick zu behalten und den Fokus zu bewahren.
Mit der Führungsrolle geht in der Regel auch ein Mehr an Verantwortung einher, die richtigen Entscheidungen zu treffen, für die Mitarbeitenden präsent zu sein und die Erwartungen der eigenen Vorgesetzten zu erfüllen. Das ist eine große Anforderung.
Hier ist es wichtig, nicht alles kontrollieren zu wollen, sondern ein Stück weit loszulassen und in die gute Arbeit der Mitarbeitenden zu vertrauen. Das mag im ersten Moment verunsichern, wirkt langfristig aber entlastend.
Ein persönlicher Tipp: Wie bauen Sie am besten Stress ab? Vielleicht durch Sport?
Dr. Surges: Für mich ist Sport ein prima Ausgleich. Früher bin ich dafür ins Fitnessstudio gegangen, zurzeit trainiere zuhause. Mit Body-Weight-Übungen geht das prima.